Erwartungsgemäß hat die Europäische Kommission heute (23.3) vorgeschlagen, dass ökologische Vorrangflächen (ÖVF) in diesem Jahr bestellt werden dürfen. Die Kulturen sind nicht eingeschränkt. Auch der Anbau von Mais oder Sommergetreide wird damit möglich. Der Einsatz von Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln ist erlaubt. Die Greening-Prämie wird dadurch nicht gefährdet.
Durch die Ausnahme sollen bis zu 4 Mio. ha zusätzlich mit Sommerungen bestellt werden können. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sagte in Brüssel, die notwendigen technischen Beschlüsse würden innerhalb von sieben Tagen umgesetzt. Die Entscheidung komme für die Frühjahrsaussaat nicht zu spät.
Auf Nachfrage schloss Wojciechowski nicht aus, dass auch die Pflicht zur Stilllegung von 4 Prozent der Ackerflächen für 2023 aufgehoben werden muss, um die Ernährungssicherheit trotz des Ukraine-Krieges zu gewährleisten. Darüber werde im Laufe des Jahres zu entscheiden sein, sagte der Pole.
Russland greift Landwirte in der Ukraine gezielt an
Wojciechowski hob die Risiken des russischen Angriffskrieges in der Ukraine für die Ernährungssicherheit hervor. Es gebe Berichte vieler Fälle von gezielten Angriffen des russischen Militärs auf landwirtschaftliche Infrastruktur. Offensichtlich sei es das Ziel Russlands, Hungersnöte auszulösen.
Das wecke in der Ukraine Erinnerungen an die 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Damals hatte der russische Diktator Josef Stalin in der Ukraine eine Hungersnot herbeigeführt, der Millionen von Menschen zum Opfer fielen.
Liquiditätshilfen aus der Krisenreserve möglich
Die Kommission beschloss außerdem einen Rahmen für die finanzielle Unterstützung von Unternehmen, die wegen der hohen Energie-, Dünger- und Futtermittelkosten in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Für die Hilfen sollen 500 Mio. Euro an EU-Geldern zur Verfügung stehen, davon 350 Mio. Euro aus der Krisenreserve und 150 Mio. Euro aus Haushaltsmargen.
Davon ist für Frankreich mit 89,3 Mio Euro der größte Betrag aus der GAP-Krisenreserve vorgesehen. Es folgen Spanien mit 64,5 Mio Euro und Deutschland mit gut 60 Mio Euro. Italien und Polen sollen 48,1 Mio Euro beziehungsweise 44,8 Mio Euro erhalten. Die Mitgliedstaaten können die EU-Mittel um das Zweifache aufstocken, sodass insgesamt bis zu 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung stehen würden.
Die Liquiditätshilfen sollen in Form von Garantien oder Krediten mit günstigen Zinsen gewährt werden. Obergrenzen sollen anhand des Bedarfs der Unternehmen, ihres Umsatzes oder anhand der Energiekosten des Unternehmens berechnet werden. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission spätestens bis zum 30. Juni 2022 mitteilen, welche Maßnahmen geplant und welche Auswirkungen durch die Gewährung der Beihilfe beabsichtigt sind.
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Umweltverbände fordern konsequente Umsetzung des Green Deals
Der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, Naturschutzbund (NABU) und WWF Deutschland sowie der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) kritisierten die Entscheidungen der EU-Kommission. Die potenziellen zusätzlichen Erträge auf den landwirtschaftlichen Flächen der EU seien global gesehen minimal, so die Umweltverbände.
Der weitaus größere Hebel liege in einer anderen Verwendung der Agrarressourcen. Konkret schlagen die Umweltverbände vor, weniger Flächen für Tierfutter oder Biokraftstoffe zu verwenden. Sie forderten die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für eine konsequentere Umsetzung des Green Deals einzusetzen. Die Verschiebung wichtiger Gesetzesinitiativen oder der Abbau von ökologisch wirksamen Instrumenten innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verschärfe das Risiko künftiger Ernährungskrisen.