Ende Dezember 2022 hatte die Europäische Union die Notfallverordnung (Verordnung EU 2022/2577) verabschiedet, um auf die verschärfte Lage bei der Energieversorgung mit dem eigenen Ausbau erneuerbarer Energien zu reagieren. Die Verordnung gilt seit Anfang des Jahres und für zunächst 18 Monate. Sie setzt für diesen Zeitraum einige Regelungen des Umwelt- und Artenschutzes außer Kraft.
„Die Bundesregierung hat heute einen Windausbau-Beschleuniger auf den Weg gebracht, wie wir ihn noch nicht hatten“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum gestrigen Beschluss der EU-Notfallverordnung. Neben dem schnelleren Ausbau von Windkraft- und PV-Anlagen sowie Stromnetzen soll auch die Genehmigung von Wärmepumpen vereinfacht werden.
Habeck betonte gleichzeitig, dass der Artenschutz wichtig und „materiell gewahrt“ bleibe. Die gestern vom Kabinett beschlossene Formulierungshilfe zur nationalen Umsetzung der Notfallverordnung wird nun dem Bundestag zugeleitet.
Vogelschutz- und FFH-Richtlinie außer Kraft
Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) gelten die vereinfachten Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen an Land und auf See sowie für Netzinfrastrukturprojekte in ausgewiesenen EE- und Netzgebieten. Bei Vorhaben zum Ausbau der Erneuerbaren in ausgewiesenen EE- und Netzgebieten, die bereits eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchlaufen haben, entfallen die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die artenschutzrechtliche Prüfung.
Außerdem werden für den Anwendungsbereich der Verordnung die Regelungen in der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie außer Kraft gesetzt. Die zuständige Behörde müsse aber sicher stellen, dass Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen durchgeführt werden. Bleiben solche Maßnahmen aus, sollen die Betreiber ein Artenhilfsprogramm finanziell unterstützen.
Welche Voraussetzungen gelten für den Ausbau der Erneuerbaren?
Für die neuen Windkraftanlagen an Land und auf See müssen die Genehmigungsverfahren laut BMWK vor Mitte 2024 beginnen. Diese Frist gilt auch für neue Stromnetze, die außerdem für eine Spannung von mindestens 110 kV ausgelegt sein müssen. Genehmigungsverfahren, die bereits begonnen haben, sollen durch die Erleichterungen ebenfalls beschleunigt werden.
Unmittelbar angewandt werden können dem Ministerium zufolge die Regelungen der EU-Verordnung zum Repowering sowie zum Ausbau von Solarenergie- und Wärmepumpenanlagen. Beim Repowering soll sich die UVP auf die Mehrbelastung der neuen Anlage oder der Leitung beschränken (Deltaprüfung). Gänzlich entfallen können die UVP unter nicht näher definierten Bedingungen bei PV-Anlagen.
Für die Installation von PV-Anlagen wird darüber hinaus die Dauer von Genehmigungsverfahren auf drei Monate verkürzt. Eine UVP muss nicht mehr durchgeführt werden, wenn es sich um PV-Anlagen „auf künstlichen Strukturen“ handelt. PV-Anlagen unter 50 kW erhalten zusätzlich eine Genehmigungsfiktion: Widerspricht die Behörde der Errichtung einer solchen PV-Anlage innerhalb einer bestimmten Frist nicht, gilt die Genehmigung als erteilt.
Auch für die Installation von Wärmepumpen werden die Genehmigungsverfahren verkürzt: Auf einen Monat bei einer Leistung von weniger als 50 MW und auf drei Monate bei Erdwärmepumpen. Es wird zudem ein Anschlussrecht für Wärmepumpen bis 12 kW beziehungsweise bis 50 kW im Eigenverbrauch etabliert.