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Ernährung und Kinderwerbung

Werbeverbot: Europarechtler hält Özdemirs Pläne für rechtswidrig

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Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 28.04.2023 - 08:38

LMU-Professor Martin Burgi hält den Entwurf des Kinder-Lebensmittel-Werbegesetzes für verfassungs- und europarechtswidrig.

Bundesagrarminister Cem Özdemir begibt sich auf juristisches Glatteis. Es geht um seine Pläne für ein Werbeverbot für bestimmte Nahrungsmittel wie Naturjoghurt oder Speiseeis für Kinder. Damit bekommen die Proteste unter anderem von Molkereien und anderen Lebensmittelherstellern neue Nahrung.

Der Entwurf des Kinder-Lebensmittel-Werbegesetzes (KWG) ist „verfassungs- und europarechtswidrig“. Zu diesem Schluss kommt ein neues Gutachten des Lehrstuhlinhabers für Öffentliches Recht und Europarecht der Ludwig-Maximilians-Universität München, Prof. Martin Burgi, das er im Auftrag des Lebensmittelverbandes Deutschland und des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) erstellt hat.

Schwerer Eingriff in Grundrechte

„Erstmals soll ein Werbeverbot für Produkte, deren Herstellung und Vertrieb in keiner Weise verboten ist und die als solche auch nicht gesundheits- oder lebensgefährdend sind, implementiert werden, auch für Werbung, die an Erwachsene adressiert ist“, erläuterte Burgi bei der Jahrestagung des Lebensmittelverbandes in Berlin. Das vorgesehene Verbotssystem würde in die Wirtschaftsgrundrechte der Werbeunternehmen und der Hersteller beziehungsweise Vertreiber der Lebensmittel eingreifen, kritisierte der Rechtswissenschaftler.

Wissenschaftliche Beweise für Verbot fehlen

„In vergleichbarer Weise könnte in Zukunft beispielsweise auch Werbung für Flugreisen oder für bestimmte Sportarten verboten werden“, warnte Burgi. Solange die wissenschaftliche Grundlage fehle, dass Werbeverbote tatsächlich zu weniger Übergewicht bei Kindern führen, sei ein derart massiver Eingriff auf dem Boden des Grundgesetzes und des Europarechts nicht möglich, so das Resümee des Gutachters. Stattdessen solle der Gesetzgeber laut Burgi in betreuten Orten wie Kitas oder Schulen beispielsweise für eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Sportmöglichkeiten für die Kinder sorgen.

Kritik an den Plänen des Bundeslandwirtschaftsministeriums kam auch vom stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger. „Es geht um großräumige Werbeverbote für den halben Einkaufswagen“, so Bilger. Er warnte zudem vor einem „staatlich verordneten Einkaufszettel“.

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