
Die EU-Agrarminister diskutierten am Dienstag (24.5.) bei ihrem Treffen in Brüssel vor allem über die Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln. Dabei standen die sogenannten Grünen Korridore und auch mögliche Ausnahmeregelungen bei der Agrarreform 2023 im Mittelpunkt.
Da sich neben den kriegsbedingten Versorgungsengpass an den Agrarmärkten auch angesichts der Trockenheit in einigen EU-Ländern eine geringere Getreideernte 2022 abzeichnet, unterstütze eine Mehrheit der EU-Staaten Lockerungen beim Fruchtwechsel, so Frankreichs neuer Agrarminister Marc Fesneau. Schließlich werde vor allem mehr Weizen gebraucht. Nach den bisherigen Reformvorgaben für 2023 ist der wiederholte Anbau einer Kultur auf einer Fläche verboten.
Vor kurzem hatte sich Deutschland ebenfalls für eine Lockerung stark gemacht.
Druck auf EU bei Stilllegung wächst
Auch wachse der Druck auf die Kommission, die 4%-ige Stilllegungspflicht zu lockern, so Fesneau. Viele Mitgliedsstaaten sehen hier Handlungsbedarf. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sicherte eine intensive Prüfung zu.
Allerdings räumte er ein, auch andere Maßnahmen seien denkbar, um die Versorgungslücke zu schließen. noch Zusammen mit dem Ratsvorsitzenden Fesneau betonte er aber, es könne hier nur befristete Ausnahmeregelungen geben. Prinzipiell wolle die EU an den Vorgaben festhalten.
Österreich als Drehscheibe für Ukraineexporte
Nach Auffassung des Agrarrats bieten grüne Korridore eine große Chance, Agrartransporte aus der Ukraine zu beschleunigen. Voraussetzung dabei ist aber auch, das Funktionieren des Binnenmarktes gerade in dieser Krisensituation, heißt es in Brüssel. Ukrainische landwirtschaftliche Ausfuhren sollten vorrangig behandelt werden, und Infrastrukturbetreiber sollten Schienenplätze für diese Ausfuhren zur Verfügung stellen.

Seit April wurden bereits 60.000 t Getreide von der Österreichischen Bundesbahn in die Slowakei, nach Polen und Tschechien sowie nach Brake in Norddeutschland exportiert. Bereits Anfang Mai ist der erste Zug mit Getreide in Österreich angekommen. Die Kommission forderte bei der Ratssitzung Marktteilnehmer in der EU auf, dringend zusätzliche Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen.
Bei einem Gespräch mit EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski betonte Österreichs Agrarminister Norbert Totschnig, alternative Transportwege seien von größter Bedeutung, um eine globale Nahrungsmittelkrise zu verhindern. „Österreich soll in Zukunft als Drehscheibe für Exporte aus der Ukraine fungieren,“ so Totschnig.
Mehr Tempo bei Eiweißstrategie gefordert
Nicht locker ließ der Österreicher bei der Eiweißstrategie. Für ihn zählt die EU-Eiweißstrategie zu einem wesentlichen Baustein, um die Lebensmittelversorgung in Europa zu sichern. Totschnig forderte daher die EU-Kommission auf, „mehr Tempo bei der Umsetzung einer europäischen Eiweißstrategie an den Tag zu legen, damit wir unabhängiger von Importen werden.“ Österreich will in seiner nationalen Eiweißstrategie, die Importe bis 2030 halbieren. Auch auf europäischer Ebene brauche man einen entsprechend klaren Fahrplan, so Totschnig.
Mandat für WTO-Konferenz
Die EU-Agrarminister legten auch das Verhandlungsmandat der Kommission für die kommende der 12. WTO-Ministerkonferenz vom 12. bis zum 15. Juni 2022 fest. So sollen Themen wie Ernährungssicherung, funktionierender Handel, Transparenz auf den Agrarmärkten sowie Verbote von Exportstopps behandelt werden.
Österreichs Agrarminister Totschnig stellte in der Runde klar, keine Handelsabkommen auf dem Rücken von Bäuerinnen und Bauern zu akzeptieren.