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Erneuerbare Energie

Welternährung: Lemke will weniger Getreide und Raps im Tank

Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 29.04.2022 - 13:39

Ufop hat kein Verständnis für eine geplante Kürzung der Kappungsgrenze für Anbaubiomasse.

Lemke-Steffi

Erst vor kurzem hat das Bundeslandwirtschaftsministerium abgelehnt, wegen eines drohenden Versorgungsengpasses am Getreidemarkt die Quotenvorgaben für Biokraftstoffe zu ändern. Unter anderem verwies das BMEL auf die 11 Mio. t CO2-Einspatungen durch Biokraftstoffe. Laut Biokraftstoffindustrie machen Biokraftstoffe über 95 % der erneuerbaren Energien im Verkehr aus.

Doch jetzt grätscht aber die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke dazwischen. Die Anfang des Jahres angekündigte Harmonie zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium scheint vorbei zu sein. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen Zeitung hat Lemke nun angekündigt, man arbeite daran, den Einsatz von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen zu reduzieren. Weizen und Mais würden dringend für die weltweite Ernährung gebraucht und nicht für den Tank, so die Grünen-Politikerin. Derzeit liefen die Abstimmungen mit dem Agrarministerium.

Laut Umweltministerium werden etwa 9,8 Mio. t an Weizen, Raps, Mais und Soja für Biokraftstoffe in Deutschland eingesetzt. Rund 9% der benötigten Mengen stammen aus Deutschland, über 90% werden importiert.

 

Zwei Millionen Hektar Sojaersatz durch Raps

Kein Verständnis für eine Einschränkung hat die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP). Sie lehnt eine Änderung der bestehenden Regelung mit Nachdruck ab. In Deutschland werden jährlich ca. 9 Mio. t Rapssaat zu ca. 4 Mio. t Rapsöl verarbeitet, davon etwa 0,85 Mio. t zu Speisezwecken verwendet. Das anfallende Rapsschrot ersetze rund. 2 Mio. ha Soja in anderen Regionen der Erde, argumentiert die Ufop.

Daneben ist Rapsschrot in der Milchviehfütterung Grundlage für die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“. Aus Sicht der Förderunion führt die Absenkung der Kappungsgrenze von 4,4, % Anbaubiomasse nur zu Verlagerungseffekten in Drittstaaten. Die Ufop erwartet von Lemke, wie dieser Mengenbedarf an gentechnikfreiem Soja in Zukunft gedeckt werden soll. Ebenso ginge ein spürbarer Beitrag zum Klimaschutz im Verkehr verloren.

Sollen Getreide und Rapsöl daher kurzfristig nicht mehr zu Biokraftstoffen verarbeitet werden?

Auswahlmöglichkeiten

Kappungsgrenze liegt 37% unter EU-Vorgaben

Zudem sei die nationale Grenze von 4,4 % am Endenergieverbrauch ohnehin unter der nach EU-Recht möglichen Kappungsgrenze von maximal 7 % festgelegt worden. An diesem Kompromiss, der bei der Novelle des THG-Quotengesetzes erzielt wurde, dürfe nicht gerüttelt werden, fordert der Verband.

Ohnehin würden nach Ufop-Ansicht die Mineralölunternehmen aktuell lieber die Strafe (Pönale) bei Nichterfüllung der Treibhausgasminderungsquote zahlen, weil Biokraftstoffe aufgrund des allgemeinen Preisanstiegs für Agrarrohstoffe zu teuer geworden seien. Ein gesetzlicher Eingriff sei daher gar nicht nötig.

Das sieht auch die Biokraftstoffindustrie so. „Aufgrund der hohen Agrarpreise wird die Produktion bereits jetzt deutlich eingeschränkt. Die Ministerin wolle also etwas gesetzlich regeln, auf das der Markt bereits reagiert habe. „Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Ministerin meint, einschreiten zu müssen“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB).

Union: Grüne spielen Krieg gegen Klimakrise aus

Die Union wirft den grünen Bundesministern nun vor, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gegen die Klimakrise auszuspielen. "Lemkes Vorstoß gegen Biokraftstoffe schadet dem Klimaschutz", so der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Steffen Bilger. Dabei hätten die Grünen wochenlang genau das Gegenteil betont.

Erst vergangenes Jahr hat der Bundestag ambitionierte Einsparvorgaben für die Emissionen von Kraftstoffen beschlossen. Ohne Biokraftstoffe sind die Klimaziele im Verkehr laut Bilger nicht zu schaffen. Zudem gelten für den  Einsatz nachwachsender Rohstoffe klare Nachhaltigkeitsvorgaben: der Einsatz von Abfall- und Reststoffen wird künftig viel stärker angeregt.

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