Dringend warten Bayerns Bauern auf eine Entscheidung aus Brüssel, ob die Pflicht zur Flächenstilllegung (GLÖZ 8) und die Auflagen für den Fruchtwechsel (GLÖZ 7) für 2023 ausgesetzt werden. Denn sie müssen ihre Fruchtfolge für die kommende Aussaat planen. Möglicherweise könnte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski beim Agrarrat am Montag (18.7.) Details dazu bekannt geben.
Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber unterstützt bei den Beratungen in Brüssel ausdrücklich den EU-Agrarkommissar, damit die EU im kommenden Jahr auf die erstmalige Brachlegung von vier Prozent der Ackerflächen verzichtet, dies ohne enge Produktionsvorgaben zu tun.
Allerdings ist aus Brüsseler Kreisen zu hören, dass unter anderem die Umweltseite bei einem Aussetzen der Brache darauf besteht, dass auf diesen Flächen ausschließlich Nahrungsmittel angebaut würden. Die Generalsdirektion Landwirtschaft hält das aber nicht für praktikabel und nicht kontrollierbar.
Kaniber: Aussetzen der Brache verschärft Klimawandel nicht
Laut Kaniber darf die EU nicht zusehen, wie sich in Ostafrika und Teilen Asiens eine der schlimmsten Hungerkatastrophen der letzten Jahre anbahnt, die ganz besonders die schwächsten Glieder der dortigen Gesellschaft, wie Kinder treffen wird. „Auch wenn die aktuellsten Signale ein bisschen Hoffnung geben, dass doch lebensnotwendiges Getreide auf dem Seeweg aus der Ukraine herausgebracht werden kann, sehen wir andererseits in weiten Teilen der Welt, bei unseren Nachbarn im Süden und auch in Deutschland teils dramatische Ernteeinbußen“, warnt die CSU-Ministerin.
Weder am drastisch voranschreitenden Klimawandel noch an der Biodiversität werde sich wegen eines zeitlich begrenzten Verzichts auf Brache ein Jota ändern, ist Kaniber überzeugt. Dafür werde es auch in 2023 ein umfangreiches Bündel an Agrarumweltmaßnahmen geben, die Produktion und Umweltschutz auf der gleichen Fläche zuließen.
Grüne EU-Abgeordnete monieren Verzögerungstaktik
Planungssicherheit von der EU-Kommission verlangt auch der grüne EU-Abgeordnete und Agrarsprecher Martin Häusling. Er moniert, dass vor dem Start der parlamentarischen Sommerpause immer noch keine Klarheit herrsche für die Auflagen zur verpflichtenden Fruchtfolge sowie zur Einrichtung nicht-produktiver Flächen zum Biodiversitätsschutz.
Die Chance, vor der Sommerpause mit konkreten Vorschlägen für die angekündigten Änderungen an der GAP an den Agrarausschuss heranzutreten, wurde aus Häuslings Sicht nun vertan. So sei das Europäische Parlament noch überhaupt nicht bezüglich dieses Vorhabens kontaktiert worden.
Häuslings Parteikollege, Bundesagrarminister Cem Özdemir, plädiert aber für eine Lockerung beim Fruchtwechsel, damit im kommenden Jahr Landwirte Stoppelweizen oder Roggen nach Roggen anbauen können.
Häusling erwartet mehr Engagement bei Ukraineexporten
Allerdings sind die Grünen im EU-Parlament gegen ein weiteres Aufweichen der Regelungen Häusling erwartet, von der EU-Kommission mehr Engagement, um ukrainisches Getreide aus dem Land zu bringen und so die Versorgung mit Getreide zu sichern.
Zudem stellen die Grünen in Frage, 60 % des Getreides in den Trog, 20 % in den Tank und nur etwa 20% für die menschliche Ernährung zu verwenden. „Das ist kein zukunftsfähiges Agrarmodell und die eigentliche Bedrohung der Ernährungssicherheit der Welt“, so der EU-Abgeordnete.