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Ernährungssicherung

Welternährung: Copa-Präsidentin wirft Timmermans Ahnungslosigkeit vor

Josef Koch
Josef Koch
am Montag, 02.05.2022 - 07:00

Christine Lambert verurteilt Aussagen des EU-Vizepräsidenten als „unmenschlich und egoistisch“. Sie erwartet mehr Verantwortung für die Welt.

Lambert-Christiane-Copa-Präsidentin

Mit scharfen Worten hat die Christiane Lambert, Präsidentin der europäischen Bauernverbände (Copa) die jüngsten Aussagen von EU-Vizepräsident und Klimakommissar Frans Timmermans verurteilt. „Er kennt die Fakten nicht. Seine Aussagen sind unmenschlich und egoistisch“, so Lambert vor Journalisten.

Timmermans schaue nicht über den Tellerrand hinaus. Dabei habe er als Vertreter der EU-Kommission Verantwortung für die Welt, und nicht nur für die EU, erinnerte die Copa-Präsidentin Timmermans an seine Pflichten. Sie hofft, dass Timmermans erneut zur „Ordnung gerufen werde“.

Timmermans sieht keine Versorgungsprobleme in der EU

Timmermans-Frans

Der EU-Vizepräsident hatte unter anderem getwittert, dass die Nahrungsmittelversorgung in der EU gesichert sei, räumt aber Probleme mit der weltweiten Versorgungslage bei Weizen und Mais ein. Gleichzeitig gab er in seinem Tweet zu bedenken, dass zwei Drittel des Getreides in der EU verfüttert werde.

Timmermans sieht daher keinen Grund die Farm-to-Fork-Strategie anzupassen oder die Nachhaltigkeitsziele der EU „über Bord zu werfen“.

Große Probleme bei Herbstaussat erwartet

Das sieht Frankreichs Bauernpräsidentin Lambert völlig anders. Sie warnt davor, jetzt die EU-Agrarproduktion durch die Verringerungsziele beim Einsatz von zum Pflanzenschutz- und Düngemittel zusätzlich zu gefährden. Allerdings stellten sich die europäischen Bauern- und Genossenschaftsverbünde (Copa-Cogeca) nicht gegen Umweltbelange. Die Landwirte wüssten, wie besser und nachhaltiger zu produziert werden können.

Sie verwies auf die jüngsten FAO-Prognosen, wonach aufgrund des Ukrainekriegs weltweit unter anderem rund 31 % weniger Weizen und 32 % weniger Sonnenblumen verfügbar seien. Die Ukraine habe in normalen Zeiten rund 400 Mio. Menschen mit Weizen versorgt, machte die Französin deutlich.

Zudem seien die Ernteprognosen für die kommende Herbstaussaat aufgrund der hohen Düngerpreise und Düngerknappheit äußerst unsicher. Landwirte könnten daher vermehrt weniger stickstoffliebende Pflanzen aussäen statt Weizen. Sie verlangte von der Kommission daher dringend, die neuen Fruchtfolgeauflagen der Agrarreform 2023 an die neuen Gegebenheiten anzupassen. „Sie stammen aus einer Zeit, als die Welt noch in Ordnung war. Das ist sie aber jetzt leider nicht mehr so“, so die Copa-Präsidentin.

FAO warnt vor Hungerkatastrophen

Unterstützung bekam sie auch von FAO-Chef-Ökonom Maximo Torero. Er warnte während der Präsidiumssitzung von Copa-Cogeca vor weiter steigenden Lebensmittelpreisen und Hungerkatastrophen in ärmeren Ländern. Auch in der EU könnten sich vor allem benachteiligte Verbraucher nicht mehr alle Lebensmittel leisten. „Wir Bauern wollen aber für alle Menschen bezahlbare Lebensmittel erzeugen“, bestätigte Lambert.

Sie hält es daher für nötig, dass die Ernährungssicherheit in der Agrarpolitik, neben Arten- und Klimaschutz, wieder mehr Bedeutung erhält. Lambert bezog sich vor Journalisten auch auf eine Aussage des früheren russischen Präsidenten Leonid Breschnew, der habe gesagt, er fürchte klappernde Töpfe mehr als Panzer.

Skeptisch sieht die Copa-Präsidentin eine Beschränkung bei Biokraftstoffen. In der EU würden nur 2 bis 3 % der Agrarfläche dafür verwendet, in den USA sei der Anteil deutlich höher. Zudem müsse und wolle die EU auch von russischen fossilen Energieimporten unabhängiger werden. Auch entstünden durch die Verarbeitung von beispielsweise Raps wertvolle Eiweißfuttermittel.

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