Eine aktuelle Studie, die im Auftrag der grünen Europaparlamentarier Sarah Wiener und Martin Häusling erstellt wurde, ärgert die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler gewaltig. Sie wirft dem Autorenteam, darunter Prof. Sebastian Lakner, Uni Rostock, vor, in Sachen Pflichtstillegung unseriös zu argumentieren.
Die Studie kommt unter anderem zum Schluss, ein Aussetzen der 4%-igen Flächenstilllegung ab 2023 sei „nicht sinnvoll“, um die weltweite Getreideversorgung zu verbessern.
Mortler: Ein befreundeter Professor findet sich immer
„Ein befreundeter Professor findet sich hierfür immer und wenn er noch so unseriös argumentiert,“ so Mortler. „Es ist schon bezeichnend mit welcher Chuzpe die Grünen im Europaparlament Studien aus dem Ärmel zauberten, um der Welt zu erklären, dass wir nicht mehr, sondern weniger Landwirtschaft brauchen“.
Sie wirft den Grünen vor, damit anstehende politische Entscheidungen inhaltlich und öffentlich in die eigene Richtung lenken zu wollen. Derzeit prüft die EU-Kommission, die Auflagen für den Fruchtwechsel und die Pflichtstilllegung auszusetzen. Das bestätigte auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski am Dienstag (21.6.) bei seinem Besuch in Bayern.
Nach Mortlers Auffassung geht es beim Aussetzen der vier-prozentigen Flächenstilllegung nicht um das Umbrechen von Brachen, sondern um Weiterbewirtschaften von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Ziel sei es, laut Mortler, dass die deutsche und europäische Landwirtschaft ihren Beitrag leistet, um die Ernährungsunsicherheiten durch den Ukrainekrieg zu lindern.
Lockerungen bei Fuchtfolge besser
Laut Studie erscheint der Umbruch von Brachflächen (GLÖZ 8), die aus umweltpolitischen Motivationen angelegt werden, angesichts der zu erwartenden ökologischen Schäden eines solchen Umbruchs und des geringen Mengenpotenzials eines Umbruchs nicht sinnvoll. Dagegen könnte ein Aussetzen der Fruchtwechsel-Vorschriften (GLÖZ 7) als kurzfristige Notfallmaßnahme durchaus die Versorgungslage verbessern und wäre mit wesentlich geringeren ökologischen Folgewirkungen verbunden.
So rechnen die Studienautoren beim Aussetzen der Pflichtstilllegung mit einer zusätzlichen Getreidemenge von 1 Mio. t in Deutschland und 3,6 Mio. t in der EU. Lockerungen der Fruchtwechsel-Vorschriften führen dagegen allein in Deutschland zu 3,4 Mio. t mehr Getreide. Ähnliches Potential bei der Stilllegung wie in der Studie sieht auch der Deutsche Bauernverband. DBV-Präsident Joachim Rukwied nannte beim Bauerntag Mitte Juni eine Größenordnung von bis zu 1,4 Mio. t.
Biokraftstoffe: 2,2 Mio. t mehr Getreide durch Beimischungsstopp
Deutlich mehr Produktionspotential sieht das Autorenteam dagegen beim vorübergehenden Stopp der Beimischung von Biokraftstoffen.
Allein für Deutschland brächte dies laut Studie 2,2 Mio. t mehr Getreide und 1,9 Mio. t mehr Rapsöl für die Ernährung. EU-weit weist die Studie dagegen zusätzliche Mengen von 4,6 Mio. t Getreide, 6,5 Mio. t Mais und 5,8 Mio. t Rapsöl aus. Ein Aussetzen dieser Beimischungspflicht könnte die Versorgungslage bei Futtergetreide verbessern und andere Getreidepartien für den Export freisetzen, so die Verfasser.
Derzeit plant die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Beimischungsquote für 2023 zu halbieren und bis 2030 schrittweise auslaufen zu lassen.
Handelserleichterungen sehr effektiv
Bemerkenswert gering fällt dagegen das Potential für eine höhere Umsatzsteuer für Fleisch und ein damit verbundener Rückgang der Tierbestände aus. Laut Studie könnte so das deutsche Getreideangebot um 1,7 Mio. t steigen, EU-weit um 8 Mio. t.
Mit einem Plus von 12 Mio. t bietet laut Studie Erleichterungen im Handel mit das größte Potential. Durch eine Erleichterung von Zollkontrollen, einen verbesserten Marktzugang der Ukraine zum europäischen Markt und verbesserte Logistik, wie Zulassung ukrainischer Lkw für die EU könnten größere Mengen aus der Ukraine über den Landweg exportiert werden und damit die angespannte Marktlage zumindest teilweise entlasten. Dieser Export sei auch wichtig, um ukrainischen Lager für die neue Ernte 2022 frei zu machen, betonen die Studienautoren.
Häusling fordert Aus für Getreide im Tank
Für den grünen EU-Abgeordneten Martin Häusling steht daher schon seit längerem fest, das Verwenden von Getreide und Raps für Biokraftstoffe nicht einmal dem Klima helfe. „Aktuell aber müssen wir uns fragen, ob es moralisch verantwortbar ist, lebensmittelfähige Produkte in den Tank zu werfen, während woanders Nahrung fehlt,“ so Häusling.
Seine Kollegin Sarah Wiener fürchtet indes „größere Schäden für Biodiversität und Artenvielfalt“ durch Aussetzen von Brachen. „Wenn wir zukünftige Krisenszenarien überstehen wollen, müssen wir unsere Nachhaltigkeitsziele einhalten,“ so die Grüne. Nur das bringe einem von der Lebensmitteleffizienz in die Lebensmittelstabilität.