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Klimapolitik

Wald: Svenja Schulze will mehr Auflagen für Honorierung

Josef Koch
Josef Koch
am Donnerstag, 05.08.2021 - 14:43

Die Umweltministerin will mehr Stilllegung, einheimische Baumarten und mehr Artenschutz. Erst dann gibt es Geld fürs CO2-Speichern.

Aufforstung-Wald-Laubbaum

Im Eckpunktepapier des Bundesumweltministeriums legt Ressortchefin Svenja Schulze dar, unter welchen Voraussetzungen sie eine Honorierung der Klimaschutzleistungen der Waldbesitzer unterstützen kann. Laut Schulze muss die Honorierung auch eine gezielte Lenkungswirkung für mehr Klima- und für den Biodiversitätsschutz bewirken.

Das Bundesumweltministerium sieht im Wesentlichen drei Punkte für ein Umsteuern in der Waldpolitik als zentral an: Erstens muss der Waldumbau hin zu naturnahen Mischwäldern mit überwiegend heimischen Baumarten gezielt gefördert und vorangebracht werden.

Zweitens müssen weitere Waldflächen aus der Nutzung genommen werden. Das Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie sieht vor, fünf Prozent der Waldfläche Deutschland für die natürliche Entwicklung zu sichern. Bisher sind 3,1 Prozent erreicht.

Drittens ist darüber hinaus für die Bewirtschaftung der Wälder eine finanzielle Förderung notwendig, die eine Lenkungswirkung hin zu mehr Naturnähe und Biodiversität entfaltet.

BMU-Eckpunktepapier Waldhonorierung

Auch Biodiversität honorieren

Als erste Komponente sollten Klimaschutzleistungen honoriert werden, um den Erhalt und Ausbau der im Wald gebundenen Kohlenstoffvorräte sowie die fortdauernde Einlagerung von Kohlenstoff zu fördern. Als zweite Komponente sieht das Positionspapier vor, die Biodiversitätsleistung des Waldes gezielt zu honorieren. Die Lenkungswirkung soll dabei auf Erhalt und Wiederherstellung einer ökosystemtypischen Biodiversität im Wald abstellen.

Biodiversität im Wald ist laut Umweltministerin die Grundvoraussetzung für die meisten Wald-Ökosystemleistungen. Ambitionierte Biodiversitätsstandards stellen deshalb eine Mindestanforderung dar. Für beiden Komponenten schlägt das Positionspapier des BMU geeignete Parameter wie die natürliche Waldentwicklung, die Zusammensetzung der Baumarten, den Erhalt von Biotopbäumen, Totholz, Bodenbearbeitung und natürliche Verjüngung für ein Honorierungssystem vor.

Soforthilfen waren richtig

Schulze-Svenja-Bundestag

„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass viele Wälder den Auswirkungen des Klimawandels nicht gewachsen sind. Es ist aber auch offensichtlich geworden, dass Schäden in naturnahen Mischwäldern in der Regel geringer ausfallen,“ so die Umweltministerin. Die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer als Folge der Dürrejahre und in der Corona-Krise mit 1,5 Milliarden Euro zu unterstützen, war nach ihrer Meinung als Sofortmaßnahme richtig.

In Zukunft hält sie eine Waldförderung für richtig, die die Ökosystemleistungen der Wälder als Ganzes in den Blick nimmt.

Arbeitsgemeinschaft warnt vor falschen Parametern

Nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft der Waldeigentümer (AGDW) ist es „schlichtweg falsch“ auf den Vorrat als Parameter für die Honorierung der Klimaschutzleistung zu setzen. Mit steigendem Vorrat, der nur durch Nutzungseinschränkungen bzw. -verbote umzusetzen wäre, nehme auch das Risiko für Störungen wie Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer zu, warnt die AGDW.

Wenn weniger Holz im Inland zur Verfügung steht, wären steigende Holzimporte aus zweifelhaften Herkünften die Folge. Klimaprobleme würden ins Ausland verlagert werden, dies könne sogar die Treibhausgas-Bilanz verschlechtern und dürfe nicht das Ziel der Politik sein, heißt es auf Anfrage des Wochenblatts.

„Es ist gut, dass das Bundesumweltministerium sich den Vorschlägen der Waldbesitzer anschließt, die Ökosystemleistungen des Waldes zu honorieren. Verkannt wird allerdings der Fakt, dass unsere Wälder bereits seit den 1980er Jahren zunehmend nach den Prinzipien einer naturnahen Waldbewirtschaftung gemanagt und  entsprechend umgebaut werden“, meint AGDW-Hauptgeschäftsführerin Irene Seling. Mischwälder prägen mit 76 % den deutschen Wald, die Naturnähe nimmt seit Jahren zu, der Totholzanteil steigt beständig. „Unsere Wälder stellen somit bereits heute naturnahe Ökosysteme dar“, so Seling.

Familienbetriebe lehnen Geld fürs Nichtstun ab

Ähnliche Bedenken wie die Arbeitsgemeinschaft haben auch die Familienbetriebe Land und Forst. Damit eine Honorierung eine echte Lenkungswirkung habe, müsse sie auf einer nachhaltigen Waldwirtschaft beruhen. „Geld fürs Nichtstun lehnen wir aus waldbaulichen und fiskalpolitischen Gründen ab," so Max v. Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst.

Bei der Bemessung der Klimaschutzleistung sei insbesondere der Fokus des BMU auf den Vorrat falsch. Die Klimaschutzleistung des Waldes besteht laut Everfeldt neben der Biomasse im Wald zu über 50 Prozent aus der Holznutzung. Das müsse in einem Honorierungsmodell berücksichtigt werden. Grundsätzlich begrüßt Everfeldt die Honorierung der Ökosystemleistungen.

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