Bayerns Bauern müssen sich im kommenden Jahr möglicherweise auf drastische Beitragserhöhungen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung einstellen. Erste Schätzungen sprechen von bis zu 22% höheren Beiträgen. Unter Umständen gibt es auch Einschränkungen bei der Agrarinvestitionsförderung.
Kaniber kritisiert Lindners Kürzungspläne
Grund: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verlangt vom grünen Agrarminister Cem Özdemir im Agrarhaushalt 2024 rund eine halbe Milliarde Euro einzusparen. In diesem Jahr beträgt der Etat des Agrarressorts gut 7,1 Mrd. €. Für das kommende Jahr sehen die Pläne des Finanzministers rund 6,5 Mrd. € vor.
Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber appelliert an Özdemir, Lindners Kürzungspläne "so nicht hinzunehmen." Für sie geht es um das Sichern der Lebensgrundlagen und um das Stärken des ländlichen Raumes. "Es rächt sich, dass mit FDP und Grünen jetzt Parteien über den Agrarhaushalt reden, die nur ihr eigenes urbanes Klientel im Blick haben", ist die CSU-Ministerin überzeugt.
Zuschüsse zu Berufsgenossenschaft wackeln
Özdemirs Problem ist: Er hat im Agrarhaushalt nicht viel Spielraum. Dort entfallen rund 60 % der Mittel auf den Bereich der agrarsozialen Sicherung. Bis auf den verbliebenen Rest der Bundesmittel zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung (LUV) von 100 Mio. € sind die Mittel gesetzlich verankert und bei Einsparungen erst einmal außen vor. Somit könnte Özdemir die Bundesmittel für di LUV streichen. Bereits im Agrarhaushalt 2022 hatte die Ampelregierung bereits 77 Mio. € Zuschüsse für die Berufsgenossenschaft gestrichen.
Einschränkungen bei Investitionsförderung?
Auch die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) rückt in den Fokus. Sie ist mit 1,13 Mrd. € zweitgrößter Ausgabenposten. Dem Vernehmen nach laufen die Vorstellungen im Finanzressort darauf hinaus, GAK um bis zu 300 Mio. € zu kürzen. So könnte Bayern unter Umständen gezwungen sein, die Agrarinvestitionsförderung einzuschränken, falls Finanzminister Albert Füracker die gekürzten Mittel nicht aus dem bayerischen Haushalt auffüllt. Oder das Land muss etwa bei der Dorferneuerung sich beschneiden.
Ebenso wie das Bundeslandwirtschaftsministerium sollen auch die meisten anderen Ressorts 2024 mit deutlich weniger Geld auskommen müssen als geplant. Von Kürzungen ausgenommen bleiben aller Voraussicht nach lediglich das Arbeits- und das Verteidigungsministerium. Nachdem sich Lindner bislang nicht mit den Fachkollegen einigen konnte, hat sich der Bundeskanzler eingeschaltet. Olaf Scholz wird am Freitag (9.6.) versuchen, Einvernehmen zwischen dem Finanzminister und den Ressortchefs zu erzielen.
Alarmglocken schrillen beim Bauernverband
Alarmiert zeigt sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied. Er lehnt die Kürzungen in der GAK und bei der LUV rigoros ab. Das Streichen der LUV-Bundesmittel hält der Bauernpräsident für unzumutbar. Dies würde zu deutlich höheren Beiträgen für die Berufsgenossenschaft führen und die Betriebe massiv belasten.
Gleichzitig warnt Rukwied davor, die Gemeinschaftsaufgabe weitgehend zu entkernen. „Das Förderinstrument der GAK ist unverzichtbar für gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Land und trägt erheblich zur gesellschaftlichen und sozialen Stabilität in den ländlichen Räumen bei“, erklärte Rukwied. Keinesfalls dürften die Entwicklungschancen auf dem Land ausgebremst werden.
„In Summe gesehen würden diese Vorschläge die ländlichen Räume ausbluten lassen“, befürchtet der DBV-Präsident.