Dem Lebensmittelhandel ordentlich ins Gewissen geredet hat offenbar Bundesagrarministerin Julia Klöckner kurz vor Weihnachten. In einer Videoschalte mahnte sie die anwesenden Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels sowie die Handelsverbände an, beim Verhaltenskodex endlich konkreter zu werden und nicht auf Zeit zu spielen. So sollten sie nicht mit der Forderung ablenken, der Staat solle in einen Fonds einzahlen, um die Bauernproteste vor den Lebensmittellagern abzuwenden, heißt es in einer Presseerklärung aus Berlin.
Das BMEL sieht indes einen Mischfonds aus Wirtschaft und Steuerzahlergeld rechtlich problematisch. Er sei mit dem eben erst verabschiedeten Haushaltsgesetz nicht vereinbar.
Der Handel verdiene gut, dazu gehöre auch eine angemessene Entlohnung der bäuerlichen Lieferanten, zumal immer höhere Standards von Handelsseite von ihnen verlangt, aber nicht immer entlohnt würden, so Klöckner. Der Handel müsse seine Hausaufgaben machen, die Bundesregierung mache ihre.
Handel soll bis Januar Vorschläge machen
Im Mittelpunkt des digitalen Treffens stand die Anregung eines Verhaltenskodex, mit dem sich der Handel weitere Regeln für ein faires Miteinander mit den landwirtschaftlichen Erzeugern verbindlich geben würde. In einem ersten Gespräch in gleicher Runde Anfang des Monats wurde diese Möglichkeit zum wiederholten Male diskutiert.
Einige der Handelsakteure hatten sich hierfür offen gezeigt und die Ministerin gebeten, hierbei die Moderation zu übernehmen. Das Ministerium sagte dies zu und legte Vorschläge für einen Verhaltenskodex vor. Dabei trat das sehr uneinheitliche Verständnis zwischen den Handelsunternehmen zutage, gibt das Ministerium zur Kenntnis.
Nach Klöckners Vorschlag sollen in einem Verhaltenskodex folgende Aspekte enthalte sein:
- Gerechte Verteilung der Erlöse.
- Standardsetzung mit angemessener Honorierung.
- Unfaire Handelspraktiken umfassend ausschließen.
- Mehr Wertschätzung für Lebensmittel.
- Regionale Lieferketten stärken.
- Nationale Herkunft würdigen.
Klöckner forderte die Handelsverbände auf, im Januar ihr einen Vorschlag zu unterbreiten.
Klare Aufgabentrennung
Die Bundesministerin machte beim digitalen Treffen deutlich, dass die Politik ihrer Aufgabe nachkomme mit Liquiditäts- und Coronahilfen, mit Stallumbauprogrammen, mit enormen Zuschüssen zu den landwirtschaftlichen Sozialversicherungen oder anderen Förderprogrammen sowie den europäischen Direktzahlungen für Landwirte.
Jetzt gehe es um ein besseres, faires Miteinander zwischen Handel und Landwirtschaft. Klöckner betonte, genau aus diesem Grund sei sie gesetzlich vorgegangen, um unlautere Handelspraktiken zu untersagen.
Nun liege es am Handel, darüber hinaus zu gehen und weitere Verhaltenspraktiken – auch der so genannten grauen Liste – in verbindlicher Selbstverpflichtung mit den Landwirten zu regeln. Das sei auch kartellrechtlich sicher auszugestalten. Gerne begleite sie diesen Prozess.