Die EU-Richtlinie zur Vermeidung von unfairen Handelspraktiken wurde in fast allen EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt, erklärte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. In vier EU-Mitgliedstaaten stünde ein Abschluss noch bevor. In einem Zwischenbericht von Ende Oktober hatten allerdings nur 16 der insgesamt 27 EU-Staaten der Kommission ihre nationalen Umsetzungsmaßnahmen mitgeteilt. Bereits Ende Juli hatte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen 12 EU-Staaten eingeleitet, weil sie die Umsetzungsfrist zum 1. Mai 2021 nicht eingehalten hatten.
Es sei zu früh, bereits von faireren Handelsbedingungen für Landwirte und Lieferanten von landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu reden, aber der Lebensmitteleinzelhandel nehme die Initiative der EU sehr ernst und werde Missstände hoffentlich bald abstellen, ist Wojciechowski überzeugt. Zudem gingen die meisten EU-Mitgliedstaaten in ihren nationalen Vorschriften über den Rahmen der EU hinaus, etwa was Zahlungsziele und die Stornierung von Lieferungen anginge, lobte der EU-Agrarkommissar.
Unterschiedliche Grenzen
Einige EU-Mitgliedstaaten werden nicht nur Landwirte, sondern auch größere Verarbeiter vor unfairen Handelspraktiken schützen. Österreich will die Obergrenze von 350 Mio. Euro pro Jahr auf 1 Mrd. Euro anheben, wenn der Käufer fünfmal größer ist. Das Gesetz soll noch vor Weihnachten beschlossen werden. In Deutschland ist eine Obergrenze von 4 Mrd. Euro vorgesehen, berichtete der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Damit würden auch größere Molkereien und Fleischanbieter geschützt.
Die Slowakische Republik warnte davor, dass Landwirte weiterhin das schwächste Glied in der Lebensmittelkette blieben. Der Druck gegenüber ihren Abnehmern werde durch den Green Deal sogar noch steigen, erklärte Milan Kysel, Staatssekretär im slowakischen Landwirtschaftsministerium. Die erhöhten Kosten durch Umwelt- und Klimaauflagen könnten Landwirte nämlich kaum auf ihre Abnehmer abwälzen. Die Warnung aus der Slowakei haben zahlreiche andere Agrarminister geteilt. Die EU-Kommission müsse bei der Umsetzung des Green Deals auf einen Ausgleich der Lasten über die gesamte Lebensmittelkette sorgen, wurde betont.