Fünf Unionsagrarminister setzen Bundesagrarminister Cem Özdemir bereits im Vorfeld der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz (AMK) in Büsum am 23. und 24. März unter Druck. Es geht ihnen um die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland. Es könnte sich ein heftiger Streit zwischen Bund und Länder anbahnen.
„Der Bund muss endlich beim Umbau der Tierhaltung mit den Ländern zusammenzuarbeiten, um einen Strukturbruch bei der Nutztierhaltung in Deutschland mit gravierenden Folgen für die Landwirtschaft und den gesamten ländlichen Raum zu verhindern“, verlangen Landwirtschaftsministerinnen und -minister der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein in einem fünfseitigen Schreiben an den grünen Bundesminister.
Sorge vor Strukturbruch
„Mit großer Sorge“ stellen sie einen beschleunigten Rückgang der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Deutschland fest“, heißt es im Schreiben, das Michaela Kaniber, Silke Gorißen, Peter Hauk, Sven Schulze und Werner Schwarz unterzeichneten. Der derzeitige Rückgang habe vor allem im Schweinebereich einen bedrohlichen Umfang erreicht: „Dies ist kein üblicher Strukturwandel mehr, sondern ein Strukturbruch“, stellen die fünf Länderagrarminister fest.
Sie führen Zahlen an: Zwischen 2010 und 2020 ging in Deutschland die Zahl der Schweine haltenden Betriebe pro Jahr um durchschnittlich 6,2 %, in den vergangenen beiden Jahren zwischen November 2020 und November 2022 jedoch um durchschnittlich 9 %, in Bayern um 10,8 % und in Nordrhein-Westfalen um 11,7 % zurück. Baden-Württemberg verzeichnet derzeit den niedrigsten Schweinebestand seit 70 Jahren.
Dafür machen die Unions-Agrarminister vor allem die Grünen verantwortlich. Dieser Rückgang war aus ihrer Sicht wesentlich mitverursacht durch Verschärfungen in den Haltungsvorschriften der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit erheblichen baulichen Anpassungen vor allem in der Ferkelerzeugung, wie sie im Bundesrat von grünen Ministerinnen und Ministern durchgesetzt wurden.
Tragfähiges Konzept für Tierhalter vermisst
Die gleiche Gefahr wie im Schweinebereich drohe nun auch in der Putenhaltung. Der Bundesregierung fehle ein tragfähiges und faires Konzept zum Umbau der Tierhaltung. Die bäuerlichen Betriebe würden bei den Umbauplänen der Bundesregierung weitgehend allein gelassen. Dabei habe die Borchert-Kommission klar herausgearbeitet, dass höhere Kosten in Tierwohlställen über öffentliche Gelder ausgeglichen werden müssten.
Die fünf Länderagrarminister sind überzeugt: Das geplante Förderprogramm des Bundes mit einer Milliarde Euro über vier Jahre reicht für diesen Kostenausgleich in keiner Weise aus. Experten beziffern den Unterstützungsbedarf für den Umbau mit vier Milliarden Euro pro Jahr, also sechszehnmal so hoch wie die derzeitigen Mittel des Bundes.
Sinnvolle Anpassungen im Baurecht gefordert
Weiter vermissen die Unterzeichner notwendige Anpassungen beim Immissionsschutz-, Naturschutz-, und Baurecht. Zu allen Plänen der Ampelregierung lägen Verbesserungsvorschläge und Argumente der Länder auf dem Tisch des Bundesministers.
Die Pläne des Bundes führen laut den Ministerinnen und Ministern unter den Tierhaltern vielfach zu Perspektivlosigkeit, Frust und Resignation. Es sei an der Zeit, sich klar hinter die Tierhalter in Deutschland zu stellen und deren Leistungen für Ökologie, Kreislaufwirtschaft, Ernährungssicherheit, Energieversorgung, Kulturlandschaft und Gesellschaft zu würdigen.
Das empfinden auch viele Bauern so. Daher haben sie in Büsum Protestaktionen angekündigt.
Es dürfe nicht dazu kommen, dass durch überzogene, nicht praktikable Anforderungen und viel zu gering bemessene Förderung Tierhalter hier aufgeben und zugleich vermehrt Lebensmittel importiert werden, die unter geringeren Tierwohl- und Umweltstandards erzeugt werden. „Wir stehen für eine Zusammenarbeit, die die Tierhaltung in Deutschland umbaut, aber nicht abbaut“, erklären die fünf Ministerinnen und Minister.