Obwohl in der Bundesratsdebatte viel Kritik und wenig Lob für die staatliche Tierhaltungskennzeichnung ausgesprochen wurde, sind die Länder der Ausschussempfehlung nicht gefolgt. Auch die Feststellung der Ausschüsse, der Gesetzentwurf sei nicht hinreichend geprüft und nicht für den Umbau der Nutztierhaltung geeignet, trugen die Länder nicht mit.
Für Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) ist das Abstimmungsverhalten im Bundesrat eine Unterstützung. „Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, um den Umbau hin zu einer zukunftsfesten Tierhaltung in Deutschland voranzutreiben“, teilte sein Haus im Anschluss an die Bundesratssitzung mit. Im Bundestag werde die Tierhaltungskennzeichnung Mitte Dezember zum ersten Mal beraten.
Kein ganzheitliches Konzept und Warnung vor Abwanderung der Schweinehaltung
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) machte in der Debatte deutlich, dass im Gesetzentwurf zur Tierhaltungskennzeichnung kein ganzheitliches Konzept erkennbar sei und nur Teilschritte gemacht würden. Dadurch ließen sich eine Schlechterstellung inländischer Produzenten und eine Irreführung der Verbraucher nicht ausschließen. „Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit“, sagte Hauk mit Blick auf die etablierten, bestehenden Systeme wie das der Initiative Tierwohl (ITW).
Aus Sicht von Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sei die Empfehlung der Ausschüsse, den Gesetzentwurf abzulehnen, zwar eine harte, aber sehr berechtigte Kritik. „Verfolgen Sie diesen Gesetzentwurf in dieser Form nicht weiter“, appellierte Schulze an die Mitglieder des Bundestags. Der Entwurf könne nicht mehr so verbessert werden, dass am Ende ein Mehrwert entstehe.
Zuspruch aus Niedersachsen von grüner Ministerin Staudte
Unterstützung bekam Cem Özdemir während der Debatte nur von seiner neuen Amtskollegin Miriam Staudte (Grüne), die seit Anfang November Agrarministerin in Niedersachsen ist. Sie betonte, dass die staatliche Tierhaltungskennzeichnung für den Umbau der Tierhaltung zwar nur ein Baustein sei, zugleich aber ein gutes Fundament darstelle.
Cem Özdemir selbst sagte, dass die jüngere Generation mit ihrem veränderten Konsumverhalten der Treiber von gesellschaftlicher Veränderung sei. Guten Vorschlägen wolle er sich beim Gesetzesvorhaben aber nicht verschließen. „Mir fällt kein Zacken aus der Krone, wenn ich auf den Rat anderer höre“, sagte der Grünen-Politiker.
Diese wichtigen Anpassungen der Tierhaltungskennzeichnung wollen die Länder
Eingesetzt hat sich die Kammer dagegen für eine verbindliche Kennzeichnung auch für ausländische Ware. Eine Schlechterstellung inländischer Produzenten und die Abwanderung ins Ausland solle verhindert werden. Verbindlich werden müsse die Tierhaltungskennzeichnung auf EU-Ebene.
Außerdem wollen die Länder auch andere Tierarten und weitere Vermarktungswege – insbesondere die Außer-Haus-Verpflegung, Gastronomie und verarbeitete Ware – in das Kennzeichnungsgesetz mit aufnehmen. Beim Schweinefleischprodukten soll nicht nur das Stadium der Mast, sondern auch die Ferkelerzeugung und die Sauenhaltung berücksichtigt werden.
Weiter soll die Bundesregierung überprüfen, ob ein Frischluftstall die Anforderungen für die Haltungsform Stall+Platz erfüllen kann. Damit werde auch eine Irreführung von Verbrauchern vermieden.
Gut etablierte, privatwirtschaftliche Label wie die ITW oder QS sollten durch Einführung der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung nicht vom Markt verdrängt werden. Die Bundesregierung soll prüfen, ob es möglich ist, die privatwirtschaftlichen Label in die staatliche Kennzeichnung zu integrieren.
Anpassungen fordert die Länderkammer bei den geplanten Regeln zu den Kontrollen und bei den bau- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die Bundesländer bitten den Bund, ein Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung vorzulegen.
Bundesrat fordert Zustimmungsbedürftigkeit
Bisher wird für Cem Özdemirs Gesetzentwurf keine Zustimmung des Bundesrats vorausgesetzt. Der Bundesrat könnte im weiteren Verfahren nur den Vermittlungsausschuss anrufen, wenn er mit dem Entwurf nicht einverstanden ist. Mit Verweis auf die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in dieser Frage bittet der Bundesrat die Regierung zu überprüfen, ob das Gesetzesvorhaben nicht doch der Zustimmungsbedürftigkeit unterliegt.
Sollte es dabei bleiben, dass der Bundesrat lediglich Einspruch einlegen kann, müssten die Länder aber immer noch den folgenden Verordnungen zustimmen, damit die Tierhaltungskennzeichnung umgesetzt werden kann.