Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) ist sich nicht ganz sicher, ob das geplante staatliche Tierwohl-Label den Fleischabsatz verbessern wird. So antwortete das Ministerium auf eine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion „Die Tierhaltungskennzeichnung bietet den Landwirtinnen und Landwirten die Möglichkeit, die Haltungsform gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern transparent zu machen. Dies könnte bessere Absatzmöglichkeiten eröffnen“.
Gastronomie ist außen vor
Zuversichtlich ist sie dagegen, dass Gastronomie und Kantinen mit dem Einführen der verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung kaum auf günstigere Importware ausweichen werden. So haben laut BMEL diese Wirtschaftsbeteiligten Interesse an einer entsprechenden verbindlichen Kennzeichnung geäußert.
Nach Auffassung des Ministeriums werden daher entsprechende Ausweichbewegungen nicht „in größerem Umfang“ stattfinden. „Das ist weit weg von der Lebensrealität“, kritisiert Albert Stegemann, Agrarsprecher der Unionsfraktion.
Zudem beabsichtigt die Ampelregierung nicht, mit dem Tierwohl-Label in die Preisgestaltung der Unternehmen einzugreifen. So würde die Tierhaltungskennzeichnung lediglich Haltungssysteme beschreiben. Dies geschehe unabhängig von Kosten und Produktpreisen.
Schärferes Ordnungsrecht
Wenig Verständnis haben Opposition und auch Tierschützer, warum der Bund beim staatlichen Tierwohl-Label nicht den Transport und die Schlachtung miteinbezieht. Auch Schlachtbefund-Daten und andere Daten zur Tiergesundheit sollen in das Label einfließen. Stattdessen will die Regierung in bei Transport und Schlachtung das Ordnungsrecht verschärfen, so dass die „erforderlichen Tierschutzmindeststandards für alle Tiere verbindlich gelten“, schreibt die parlamentarische Staatssekretärin Manuela Rottmann in ihrer Antwort.
Stegemanns Fazit lautet daher: „Die verbindliche Haltungskennzeichnung ist leider kein großer Wurf. Statt einen ganzheitlichen Ansatz zu präsentieren, fehlt weiterhin eine durchdachte Finanzierung und die Einbeziehung aller Wertschöpfungsstufen“.
Zu viele Lücken und Bürokratie
Die Tierschutzorganisation Provieh vermisst wie der Bauernverband das Einbeziehen der Ferkelaufzucht, schließlich ist zunächst nur die Schweinemast für die Kennzeichnung maßgeblich.
Zudem muss laut Provieh ersichtlich werden, ob die Haltung dem Tier eine weiche Liegefläche, Einstreu und Beschäftigungsmaterial bietet oder es womöglich auf Vollspalten leben musste.
Erst vor kurzem bemängelte der Deutsche Bauernverband die unnötige Bürokratie, weil der Entwurf ein zusätzliches Tierregister vorsieht.
Im Herbst im Kabinett
Nach Angaben von Rottmann befindet sich der Referentenentwurf zum staatlichen Pflicht-Label derzeit in der Ressortabstimmung. Im Herbst soll das Kabinett den Gesetzesentwurf verabschieden. Bis zum Sommer 2023 soll er dann in Kraft treten. Nach Ablauf einer Übergangsfrist wird die Kennzeichnung für frisches Schweinefleisch verbindlich gelten. Bereits im Frühherbst will Deutschland für seinen Gesetzesentwurf EU-Notifizierungsverfahren einleiten.
Für Ende 2023 hat Brüssel indes einen Vorschlag für eine EU-weite Haltungskennzeichnung angekündigt. Bereits Ende diesen Jahres will die EU Vorschläge für eine EU-weite Herkunftskennzeichnung vorlegen.