Die deutsche Geflügelwirtschaft fordert Bundesagrarminister Cem Özdemir auf, schnellstmöglich die richtigen Weichen zu stellen, damit Tierhalter eine tragfähige Zukunftsperspektive am Standort Deutschland erhalten: „2022 ist das Entscheidungsjahr für die Nutztierhaltung hierzulande, um mehr Tierwohl unter verlässlichen Rahmenbedingungen zu erreichen. Jeder Monat, der ohne Lösung ins Land geht, wird von Höfesterben begleitet sein“, warnt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG).
Ripke verweist auf die prekäre Lage vieler Geflügelhalter. Sie erzielen schon länger keine kostendeckenden Preise mehr. Ställe stünden zunehmend leer, weil sich Tierhaltung immer weniger lohne. Verstärkt drängt laut ZDG Billigfleisch aus dem Ausland auf den Markt – mit zumeist deutlich geringeren Standards bei Tierwohl und Klimaschutz.
Bei Kennzeichnung Umsetzungsschwäche der Politik
Die verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, die im Koalitionsvertrag aufgenommen ist, sei der richtige Zukunftsplan, findet Ripke. Dafür habe bereits der Kompetenzkreis Nationale Nutztierstrategie (die sogenannte Borchert-Kommission) zum Umbau der Nutztierhaltung ein detailliertes Konzept erarbeitet. Konkrete Empfehlungen zu Haltungskriterien und ihre Fortentwicklung bis 2040 liegen auf dem Tisch.
„Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern eine zunehmend chronische Schwäche der Politik beim Umsetzen!“, klagt der ZDG-Präsident. Die Kennzeichnung müsse unbedingt auch die Gastronomie und Großhandel einbeziehen, die mehr als die Hälfte des Marktes ausmachen. Das bereits etablierte Haltungsform-Label der Initiative Tierwohl könne für ein staatliches Label Vorbild sein, schlägt Ripke vor.
Ripke: Finananzierung über Markt ist Irrweg
Der ZDG-Präsident dringt zugleich darauf, parallel zur Kennzeichnung die notwendige Finanzierung tierwohlgerechter Ställe anzupacken. Er begrüßt den Vorstoß von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir gegen Billiglebensmittel, die Bauernhöfe in den Ruin treiben und mehr Tierwohl verhindern.
Auch hier habe die Borchert-Kommission nach intensiver Befassung als realistischen Weg bereits einen Vorschlag erarbeitet: eine staatlich gesicherte Finanzierung über Abgaben und/oder Steuern. Der Plan der Ampel-Koalition, die Lasten allein den Marktteilnehmer aufzuerlegen – und damit vor allem Verbrauchern und Handelsunternehmen –, sei ein Irrweg, unterstreicht Ripke.