Während die SPD, Grüne und FDP von einem Durchbruch bei der Finanzierung des Umbaus der Tierställe sprechen, sieht das der Vorsitzende des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, Jochen Borchert ganz anders.
Er hält die Einigung für nicht ausreichend. Zwar sei die Öffnung der bislang allein zur Investitionsförderung im Bundeshaushalt vorgesehenen „Tierwohl-Milliarde“ ein erster Schritt, sagte Borchert gegenüber Nachrichtendienst Agra-Europe. Es bleibe jedoch völlig unklar, wie es nach einer Anlaufzeit von einem, zwei oder drei Jahren weitergehe.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wertet den jünsten Kompromiss als wichtiges Signal an die Landwirtinnen und Landwirte, dass „wir sie auf dem Weg zu einer zukunftsfesten Tierhaltung unterstützen“.
FDP-Agrarsprecher Gero Hocker spricht sogar von einem „wichtigen Meilenstein“. Denn Landwirte erhielten nach 16 Jahren "endlich verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen“.
Nick: Maximal zehn Jahre denkbar
„Kein Landwirt wird sich auf einen Umbau seiner Tierhaltung einlassen, solange die Finanzierung langfristig nicht gesichert ist“, bekräftigte dagegen der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Borchert. Die Tierhalter brauchten eine Absicherung über langfristige Verträge. Anderenfalls werde niemand einsteigen.
Doch daran wird es wohl weiter haken. So hatte die parlamentarische Agrarstaatssekretärin Ophelia Nick bei einer Veranstaltung in Norddeutschland in der vergangenen Woche deutlich gemacht, die Koalition könne für die Absicherung der Umbauten allenfalls eine verbindliche Zusage von zehn Jahren treffen, 20 Jahre seien illusorisch. Zudem forderte sie erneut, die Tierzahlen in Deutschland zu verringern, wie zuletzt die Deutsche Umwelthilfe.
Nach Auffassung von Borchert ist mit der Verständigung von SPD, Grünen und FDP daher auch nicht die Voraussetzung gegeben, dass das Kompetenznetzwerk seine Arbeit wieder aufnimmt. Da müsse schon mehr kommen. Man werde im Lichte der weiteren politischen Entscheidungen bis Jahresende entscheiden, ob es weitergehen wird.
Kommission lässt neues Mandat weiter ruhen
Die Borchert-Kommission hatte Anfang September zwar ein neues Mandat von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angenommen. Gleichzeitig hatte sie angesichts des Streits innerhalb der Ampel jedoch entschieden, ihre Arbeit ruhen zu lassen, bis eine Einigung der Koalition in der Finanzierungsfrage vorliegt.
Dazu müsse die Bundesregierung den Einstieg in eine langfristig vertraglich zugesicherte und staatlich finanzierte Tierwohlprämie beschließen. „Wir werden keine Vorschläge machen, von denen wir annehmen müssen, dass sie ohnehin nicht umgesetzt werden“, betonte Borchert einmal mehr.