München/Berlin – Der Streit zwischen der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) spitzt sich weiter zu. Die CSU-Politikerin und bayerische Landwirtschaftsministerin Kaniber veröffentlichte am Mittwochabend, 25. Januar 2023, auf ihren digitalen Plattformen ein an Özdemir gerichtetes Video. Darin griff sie den Grünen-Politiker scharf an. In dem mehr als sechs Minuten langen Video sprach Kaniber dem Bundesagrarminister eine Einladung zu einem Ortstermin aus, um mit ihr und bayerischen Schweinehaltern zu sprechen. An Özdemir gewandt sagte Kaniber: „Dann bekommen Sie ein ganz realistisches, aber bedauerlicherweise trauriges Bild der Lage mit.“
In ihrer Videobotschaft bezog sich Kaniber auf Aussagen von Özdemir in einem Interview mit dem „Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt“, das der Minister am Dienstag, 24. Januar 2023, am Rand der Grünen Woche geführt hatte. Der ansonsten eher als zurückhaltend geltende Özdemir äußerte sich dabei sehr deutlich zu den Aussagen der bayerischen Agrarministerin und warf der CSU und den Freien Wählern unter anderem Polemik vor.
Wörtlich sagte Özdemir: „Anstatt dass Frau Kaniber mir dabei hilft, der Tierhaltung in Deutschland eine Zukunftsperspektive zu geben, macht sie lieber Parteipolitik. Leider nach dem Motto, wie es bei der CSU in Bayern ja bekannt ist: Erst die Person, dann die Person und dann die Person.“
Cem Özdemir: Bayernkoalition betreibt Polemik
Hubert Aiwanger beschuldigte er, mit seiner Politik den Populismus und Fanatiker zu stärken. Der Freie Wähler-Chef habe „offensichtlich die Donald-Trump-Gedächtnisschule in Bayern besucht“. Er wisse, so Özdemir, dass in Bayern Wahlkampf sei. „In dieser Zeit schwätzt man auch viel Quatsch, aber das nützt niemanden.“ Er stehe für eine konstruktive, einladende Politik mit Maß und Mitte, sagte Özdemir. Die bayerische Agrarministerin lud er ein, „gemeinsam für eine zukunftsfeste Tierhaltung zu sorgen“. Diese Einladung gelte nach wie vor, erklärte Özdemir, „trotz aller Polemik aus Bayern“.
Kaniber wiederum sah sich in ihrer zum Start der Internationalen Grünen Woche geäußerten Kritik bestätigt, dass Özdemir desinteressiert an der Landwirtschaft sei. Ihre Aussagen seien offensichtlich „ein klarer Stich ins Wespennest“ gewesen, so die bayerische Staatsministerin. Sie bezweifle, dass die Grünen den Abbau der Tierhaltung stoppen wollen. Özdemirs eigene Staatssekretärin Silvia Bender habe im Sommer die Halbierung der Nutztiere als ein klares, erstrebenswertes Ziel genannt.
Kaniber: Özdemir treibt Futtermittelpreise nach oben
Sie könne mehrere Beispiele aufzählen, so Kaniber in ihrem Video, wie die Grünen „unseren Schweinehaltern aber eben auch Bauern aus den verschiedensten landwirtschaftlichen Branchen das Leben regelrecht schwer machen“. Weiter sagte Kaniber, dass die Grünen sich immer wieder selbst mit neuen Auflagen überbieten und die Milchviehhalter gängeln würden. Kaniber beschuldigte Özdemir zudem, die Futtermittelpreise nach oben zu treiben, da der Grünen-Politiker nach ihrer Aussage immer weiter Produktionsflächen stilllegen wolle.
Die traurige Wahrheit sei, so Kaniber, dass die deutschen Landwirte von den Grünen „null Wertschätzung“ erfahren würden. „Das ist die traurige Wahrheit, denn in Berlin werden nur grüne Träume gelebt.“ Weiter erklärte Kaniber: „Die Bauern in Deutschland wissen inzwischen ganz genau, was sie an den Grünen haben – und vor allem, sie wissen eines: Was sie nämlich nicht haben.“
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat sich zum Video der bayerischen Ministerin und der ausgesprochenen Einladung bislang noch nicht geäußert. Auf Twitter schrieb der Minister am Mittwochabend, dass er sich darüber freue, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Ministerin Kaniber „endlich die tierhaltenden Betriebe entdecken“. Die beiden CSU-Politiker hatten am Montag, 23. Januar 2023, den Häringhof bei Eichstätt besucht. Er helfe gerne mit Zahlen aus, schrieb Özdemir. 2010 habe es noch rund 20.000 schweinehaltende Betriebe in Bayern gegeben, im Jahr 2020 nur noch 9.000, was ein minus von 54 Prozent bedeute. Regiert habe die CSU. „Zeit für den Umbau“, twitterte der Grünen-Politiker.
Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums teilte mit, dass Özdemir gerne in Bayern unterwegs sei. Die dramatische Entwicklung bei den Schweinebauern bereite ihm Sorge. Ziel des Ministers sei es, den Landwirten mit einem Gesamtpaket „eine verlässliche wie wirtschaftliche Planungs- und Investitionsperspektive zu geben“. Das Bundesministerium stehe Kaniber bei Informationsbedarf jederzeit zur Verfügung. Aus München heißt es derweil, dass Kaniber auf einen Besuch des Bundesministers im Freistaat hofft. Die Einladung will Kaniber nicht nur per Video aussprechen - Özdemir soll in den kommenden Tagen auch Post von ihr erhalten. Was die CSU-Politikerin in dem Brief schreibt, will das bayerische Landwirtschaftsministerium nicht verraten. Nur so viel: Özdemir werde zu einem Bayernbesuch eingeladen.