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Soforthilfe: Wie EU-Staaten ihren Schweinehaltern helfen

Josef Koch
Josef Koch
am Montag, 07.02.2022 - 15:49

Österreich, Frankreich, Italien oder Polen haben umfangreiche Hilfspakete für Schweinehalter aufgelegt. Auch Absatzförderung soll verstärkt werden.

Schweinehalter-Ferkel

Während in Deutschland in vielen Bundesländern die Coronahilfen für Schweinehalter stocken, laufen die Auszahlungen zumindest in Bayern mit Abschlägen weiter. Zudem erstattet Bayern Ferkelerzeugern in diesem Jahr die Beiträge für die Tierseuchenkasse.

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands fordert die Ministerien für Landwirtschaft, Wirtschaft und Finanzen auf, „endlich für Klarheit bei den Überbrückungshilfen für Schweinehalter zu sorgen. Es müsse schnellstens eine pragmatische Lösung geschaffen werden, sodass das Geld nun schnell bei den Schweinehaltern ankomme und auch nicht im Nachhinein zurückgefordert werde. 

Andere EU-Staaten haben indes weitere Hilfspakete für die in die Krise geratenen Schweinehalter geschnürt. Österreich stellt nochmals 20 Mio. € als Verlustersatz ab April zur Verfügung. Anspruchsberechtigt sind Schweinehalter, die mindestens 30% Deckungsbeitragsverlust haben. Rund 70 % davon sollen als Ausgleich gezahlt werden.

Italien stellt 500 Mio. € bereit

Grünes Licht aus Brüssel haben die Italiener für ihr Hilfspaket über 500 Mio. €.  Konkret können die Beihilfen laut EU-Kommission in Form von direkten Zuschüssen, rückzahlbaren Vorschüssen sowie Steuer- und Zahlungserleichterungen erfolgen. Ferner sind unter anderem Ermäßigungen von oder der komplette Verzicht auf Sozialversicherungsbeiträgen sowie ein Schuldenerlass vorgesehen.

Darüber hinaus sind Zuschüsse für möglich, welche die Betriebe nicht mehr stemmen können. Ziel sei es, die Liquidität der Unternehmen sicherzustellen und ihnen so zu ermöglichen, ihre Tätigkeit während und nach dem Ende der Krise fortzusetzen.

Frankreich: Hilfspaket mit 270 Mio. €

In Frankreich hat die Regierung ein Hilfspaket für die Schweinehalter geschnürt. Laut Pariser Landwirtschaftsministerium werden in Abstimmung mit der Branche und den Agrarbanken bis zu 270 Mio. € zur Unterstützung der Tierhalter bereitgestellt. Davon sollen maximal 75 Mio. € als Soforthilfen in Form von direkten Zuschüssen ausgereicht werden, um Betrieben mit starken Liquiditätsproblemen, die bereits ein staatlich garantiertes Darlehen beantragt haben, innerhalb von zwei Wochen mit 15.000 Euro unter die Arme zu greifen.

Weitere 175 Mio. € sollen den Ressortangaben zufolge als Corona-Hilfen zur Strukturierung der Branche eingesetzt werden. Das muss die Europäische Kommission aber noch genehmigen. Die Umsetzung dieser Maßnahme soll laut Ministerium an Lieferverträge nach dem jüngsten Gesetz zur Stärkung der Erzeuger gebunden werden, wobei die konkreten Kriterien in Absprache mit den Branchenverbänden bis zum 15. Februar erarbeitet werden sollen. Mit den verbleibenden 20 Mio. € will Paris die Schweinehalter schließlich von Sozialabgaben entlasten.

Flankierend zum Hilfspaket will sich Frankreich in Brüssel für Unterstützungsmaßnahmen auf europäischem Niveau einsetzen. Nach Einschätzung des Ministeriums sind Beihilfen für die Private Lagerhaltung (PLH) und andere Eingriffe „absolut notwendig“, um den Markt zu entlasten. Ferner soll der Absatz von Schweinefleisch über Werbemaßnahmen und Exportförderung angekurbelt werden sowie das Volumen von durch den Staat abgesicherten Darlehen ausgeweitet werden. Verstärkt werden soll außerdem die Prävention gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP).

Deutschlands Agrarminister Cem Özdemir und auch die Schweinebranche sind gegen das Öffnen der PLH, weil sie sich davon keine dauerhafte Marktentlastung erwarten.

Polen: 88 Mo. € als Soforthilfe

Polen darf seinen durch die Corona-Krise wirtschaftlich getroffenen Sauenhaltern mit umgerechnet rund 88 Mio. € unter die Arme greifen. Wie die Europäische Kommission bekannt gab, sind die Zahlungen im Rahmen des EU-Sonderbeihilferahmens zur Abfederung der Folgen des Corona-Geschehens genehmigt. Die Unterstützung aus Warschau darf in Form von direkten Zuschüssen gewährt werden. Laut Kommission zielt die Maßnahme darauf ab, die Liquiditätsengpässe der polnischen Sauenhalter abzumildern. Ausgeglichen werden soll unter anderem ein Teil der Verluste, die polnischen Ferkelproduzenten durch die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden restriktiven Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung entstanden sind.

Konkret sollen die Beihilfen an „Kleinstbetriebe sowie kleine und mittlere Unternehmen“ gehen, die Ferkel erzeugen. In den Genuss der Beihilfen können aber auch Betriebe kommen, die Jungsauen produzieren. Die Kommission legte fest, dass die von Warschau gezahlten Beihilfen den Betrag von 290.000 Euro pro Begünstigten nicht überschreiten dürfen und bis spätestens 30. Juni 2022 gewährt werden müssen.

Mehrgefahrenversicherung stärker gefördert

Die polnische Regierung greift ihren Landwirten auch auf andere Weise unter die Arme. Laut Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk soll noch in der zweiten Februarhälfte eine Versicherung angeboten werden, die alle Risiken inklusive solcher aus schweren Trocken- und Dürreereignissen abdecken wird. Bisherige Dürreversicherungen seien wegen des hohen Eintrittsrisikos oft sehr teuer, weshalb sich der Abschluss für viele Bauern nicht gelohnt habe, erklärte Kowalczyk. Um dennoch günstige Prämien zu ermöglichen, werde der Staat deshalb zwei Drittel der Prämiensumme übernehmen.

In Polen gibt es bereits seit einigen Jahren eine vom Staat bezuschusste Mehrgefahrenversicherung. Das dafür bereitgestellte Budget von umgerechnet gut 87 Mio. € reichte nach Angaben des Fachmagazins „farmer.pl“ allerdings nur für die Absicherung von etwa 2,1 Mio. ha. Kowalczyk zufolge wurde der entsprechende Fördertopf im diesjährigen Haushalt jedoch auf umgerechnet fast 327 Mio. € aufgestockt.

Auch Hilfen in Belgien

Bereits Ende 2021 hat in Belgien die flämische Regierung einen zusätzlichen Etat von 6,75 Mio. € für die Unterstützung des krisengebeutelten heimischen Schweinesektors bereitgestellt. Davon sollen unter anderem 6 Mio. € für Ausgleichzahlungen an Schweinehalter verwendet werden, die am stufenübergreifenden Qualitätssicherungssystem BePork teilnehmen. Die Auflagen der betreffenden Lastenhefte sind strenger als die nationalen gesetzlichen Vorgaben und kompatibel mit dem deutschen QS-System.

Außerdem will Flanderns Regierung das flämische Absatzförderungszentrum für Agrar- und Fischereiprodukte (VLAM) mit zusätzlich 750.000 Euro unterstützen, um die Werbung für Schweinefleisch im In- und Ausland zu verstärken. 

Mit Material von AgE
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