München Markus Söder packt mit der Zange ein rohes Schweinesteak und hält es in die Kamera. Die Corona-Pandemie habe ihn zu einem „respektablen Grillmeister“ gemacht, erzählte Bayerns Ministerpräsident kürzlich in einem Interview mit der „Bunten". Von seinem Schwiegervater habe er dabei viel gelernt. Beim Termin im Münchner Prinz-Carl-Palais steht der Ministerpräsident aber nur vorübergehend hinter dem Grill. Zu kurz, um sein Talent tatsächlich zu bewerten. Söder gibt sich fachmännisch, spricht über die Zubereitung von Grillfleisch, das richtige Salzen und seine Vorlieben. Die Botschaft, die Söder bei seinem Grilltermin aussenden möchte: Grillen geht immer, auch im Winter.
Grillen geht immer: Söder wirbt für Schweinefleisch
Der Hintergrund für den Fototermin ist ernst: Die Situation der Schweinehalter im Freistaat spitzt sich zunehmend zu. Von einer dramatischen Lage spricht BBV-Präsident Walter Heidl. Viele Schweinebetrieben würden in einer Existenzkrise stecken und die gesamte Schweinefleischerzeigung in Bayern stehe auf dem Spiel. Innerhalb von zehn Jahren, von Mai 2020 bis Mai 2021, sei die Zahl der Schweinebetriebe in Bayern mit mindestens 50 Schweinen und zehn Zuchtsauen, um fast 45 Prozent zurückgegangen, heißt es vom Bauernverband. Auch die Tierzahlen seien rückläufig: Der Schweinebestand sank von 3.527.300 Schweine im Jahr 2010 auf 2.898.000 Tiere im Jahr 2021. Das entspricht einem Minus von fast 18 Prozent.
Bekenntnis zu regionalen Lebensmitteln
Die Bayerische Staatsregierung und der BBV werben deshalb für Schweinefleisch aus dem Freistaat. „Wir wollen auch ein Bekenntnis zu regionalen Lebensmitteln setzen“, sagte Söder. In Bayern wolle er keine Massenfarmen und Agrarfabriken haben, sondern eine nachhaltige und werthalte Lebensmittelproduktion. „Wir sind der festen Überzeugung, dass die landwirtschaftliche Produktion in Bayern mehr Vertrauen verdient, mehr Respekt auch verdient und Wertschätzung hat.“
Doch trotz steigender Verbraucherpreise sind die Erzeugerpreise für Schweinefleisch dramatisch eingebrochen. Laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) ist zwischen August 2019 und August 2021 die Differenz zwischen Erzeugerpreisen und Verbraucherpreisen um 32 Prozent gestiegen. Entsprechend groß war der Gesprächsbedarf bei der Präsidentenkonferenz des BBV, an der auch Ministerpräsident Söder und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber in München vor dem Grilltermin teilgenommen hatten.
Unterfrankens BBV-Bezirkspräsident Stefan Köhler spricht von einem konstruktiven Gespräch, bei welchem die Probleme deutlich thematisiert worden seien. Niederbayerns BBV-Bezirkspräsident Gerhard Stadler verweist im Gespräch mit dem Wochenblatt auf die schwierige Situation der Tierhalter in Bayern. Insbesondere die Situation der Schweineerzeuger sei derzeit katastrophal und habe deshalb breiten Raum eingenommen. Es gelte, die Absatzmärkte anzukurbeln und die Qualität von im Freistaat erzeugten Fleisch in den Fokus zu rücken. „Es muss etwas passieren", fordert Oberbayerns BBV-Bezirkspräsident Ralf Huber.
Betriebe beklagen fehlende Planungssicherheit
Den Betrieben würden, wie der BBV mitteilt, Anforderungen insbesondere beim Tierwohl, fehlende Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen, unüberbrückbare Hindernisse bei Stallbaugenehmigungen sowie die Hilflosigkeit der Behörden beim Eindämmen der ASP schwer zu schaffen machen. Viele bayerische Schweinehalter würden darüber nachdenken, aufzuhören. Einige haben diese Entscheidung zum Ausstieg bereits getroffen.