Dabei gehe es nicht nur um „Ärgernisse der Gegenwart“. „Wir müssen uns überlegen, wo in zwanzig Jahren die Perspektiven für die Landwirtschaft sind“, sagte der CSU-Chef. „Es war kein einfaches Jahr für unsere Bauern“, betonte er und nannte dabei das Volksbegehren in Bayern sowie „Entscheidungen in Berlin und Brüssel“. Gleichzeitig verteidigte er sein Vorgehen. „Es wäre ein schwerer Fehler gewesen, zwei Millionen Menschen zu ignorieren“, sagte Söder.
Schon beim Werben für die Parteireform (jünger, digitaler, weiblicher) und eine ökologischere CSU versuchte er, Kritiker anzusprechen. „Ich höre manchmal, das Tempo sei zu schnell. Warum können wir das nicht langsamer machen? Das Tempo in der Politik wird aber nicht von uns gemacht, sondern von außen, es sind gesellschaftliche Veränderungen“, so Söder. Es sei eine Herausforderung, in diesen Zeiten politische Führung zu zeigen.
Und dann folgte ein Bekenntnis zur Landwirtschaft und zum ländlichen Raum: Sie seien das „Herzstück unserer Politik“. „Ich kann mir Bayern ohne Bauern nicht vorstellen, das darf nicht passieren“, sagte der Parteichef. Manche Bauern fühlten sich allein gelassen. Es mangele an Verständnis in der Gesellschaft, „manche fühlen sich fast schon kriminalisiert, wenn man Landwirtschaft betreibt“. Der Jahrhundertvertrag solle hier eine neue Kultur schaffen.
Seitenhieb auf Aiwanger
Einen Seitenhieb gab es in Richtung Freie Wähler, den Koalitionspartner. Gerade deren Parteichef Hubert Aiwanger tritt bisweilen – gerne auch im bäuerlichen Umfeld – so auf, als ob er noch in der Opposition wäre. Söder stellte klar: „Alles was in München beschlossen wird, wird von CSU und Freien Wählern beschlossen.“ Vor Entscheidungen in München könne sich keiner „vom Acker machen“. „Sowas dürfen wir nicht durchgehen lassen, auch nicht unseren Freunden von den Freien Wählern“, warnte Söder – wohl auch mit Blick auf die Kommunalwahl im Frühjahr 2020.
CSU-Chef Markus Söder bekam bei seiner Wiederwahl von den über 700 Delegierten 91,3 % der gültigen Stimmen und konnte sich damit gegenüber Januar verbessern (87,4 %). Der zweite Tag der Versammlung verlief allerdings nicht wie geplant: Nach einer heftigen Debatte um die Frauenquote musste die CSU-Spitze den Delegierten einen Kompromiss vorlegen, um nicht eine komplette Niederlage zu erleiden: Auf Kreisebene müssen anders als geplant nicht 40 % Frauen im Vorstand vertreten sein. Der Parteitag beschloss lediglich eine Soll-Bestimmung.