Als „blanken Hohn“ und „vollkommen unsensibel“ wertet die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) das Verhalten des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir, beim Krisenmanagement zur Afrikanischen Schweinepest (ASP). Betroffen waren zwar niedersächsische Schweinehalter, doch Bayerns Schweinehalter könnte ähnliches passieren. Die ISN sieht ein Präzedenzfall.
„Während sich Herr Özdemir in einem Twitter-Tweet seines Ministeriums als Krisenmanager gibt und demnach kürzlich mit Umweltverbänden über die Krisenbewältigung unter anderem in der Landwirtschaft diskutiert hat, unterlässt er es, den über 250 Schweinehaltern in Niedersachsen zu helfen, die durch die ASP-Restriktionen unverschuldet in eine Notlage gebracht worden sind“, beklagt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.
Schaden auf mindestens 15 Mio. € geschätzt
Seit vergangener Woche sei zwar die Vermarktung der mehreren zehntausend weit überschweren Schweine in vollem Gange, der Spuk für die betroffenen Betriebe sei aber längst nicht vorbei. Nach ISN-Kalkulationen beträgt der kurzfristige Gesamtschaden für die Schweinehalter im Emsland und in der Grafschaft Bentheim aufgrund der Vermarktungsbeschränkungen mindestens 15 Mio. €. „Alle Betriebe haben erhebliche Schäden zu tragen, einige stehen vor dem wirtschaftlichen Aus“, warnt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.
So hatte die Interessengemeinschaft die niedersächsische Landes- und gleichermaßen auch die Bundesregierung mehrfach aufgefordert, dass die betroffenen Betriebe entschädigt und darüber hinaus auch die Quarantänevorgaben für zukünftige Fälle angepasst werden müssen, so Staack.
Staack sieht Präzedenzfall
Nach Auffassung von Staack sind Özdemir – anders als er es „in seinen Sonntagsreden“ immer wieder bekräftige- die Betriebe und die dahinter stehenden Bauernfamilien, vollkommen egal. Er bringe damit deutlich zum Ausdruck, dass ihm der wirtschaftliche Niedergang - und somit der Ausstieg der über Generationen in den Familien geführten Betriebe nicht weiter störe. Dabei seien es genau die Betriebe, die nach Vorstellung der Bundesregierung den Umbau der Tierhaltung umsetzen sollen.
Für Staack ist der ASP-Fall in Niedersachsen ein Präzedenzfall. Er hat vielen Bauern gezeigt, „viele Wirtschaftsbeteiligte und vor allem die Politik lassen mich im Regen stehen, lassen mich im Stich“. Das schaffe kein Vertrauen, damit Bauernfamilien Zukunftsentscheidungen fällen können.
Staack sieht seine Haltung zudem in der Antwort des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BEML) auf eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag begründet. Darin weise das BMEL scheinbar jegliche Verantwortung von sich. Bei den Vorgaben für die Restriktionen sei die EU zuständig, bei der Vermarktung müsse die Wirtschaft für Lösungen sorgen und für mögliche Entschädigungen liege die Zuständigkeit bei den Bundesländern. Gleichzeitig erläutert das BMEL ausführlich, wie andere EU-Mitgliedstaaten wie Italien und Polen ihren betroffenen Betrieben finanzielle Hilfestellung leisten und Hilfsprogramme eingerichtet haben.
Mythos Brückenbauer ist vorbei
Staacks Vermutung: Wegen der Treffen mit Umweltverbänden, Zusammenkünfte mit Lebensmittelkonzernen scheint der grüne Agrarminister keine Zeit mehr für einfache Bauern in der Krise zu haben. Die ISN hat den Eindruck, dass Özdemir vor allem seine offensichtlich hohen Sympathiewerte in der Öffentlichkeit mit symbolpolitischen Treffen stützen wolle. Laut Staack ist von den Vorschusslorbeeren des ‚‘ausgleichenden Brückenbauers‘‘, die ihm vor Amtsantritt zugesprochen worden sind, definitiv nichts mehr übrig. „Wer die teils über viele Generationen geführten Betriebe sehenden Auges einfach den Bach runter gehen lässt, der baut keine Brücken, der reißt sie ab,“ moniert der ISN-Geschäftsführer.