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Saatgutrecht

Saatgut: Wie Patentierungsverbot umgangen wird

Josef Koch
Josef Koch
am Montag, 15.03.2021 - 05:00

Ein Bericht des Aktionsbündnis "Keine Patente auf Saatgut" zeigt, wie Firmen das Verbot der Patentierung umgehen.

Proteste-Saatgutpatent

Keine Patente auf Saatgut! hat vergangene Woche in Berlin dem Bundesministerium für Justiz einen aktuellen Bericht über Patentanträge auf konventionell gezüchtete Pflanzen übergeben. Die Organisation fordert Bundesjustizministerin Christine Lambrecht auf, Maßnahmen gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren zu ergreifen, wie dies im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Der Bericht gibt einen Überblick über Patentanmeldungen auf Pflanzen im Bereich der konventionellen Züchtung, die 2020 veröffentlicht wurden und vom Europäischen Patentamt (EPA) in den nächsten Jahren erteilt werden könnten.

Gezeigt wird, auf welche Weise große Konzerne wie BASF, Bayer-Monsanto, DowDupont (Corteva), Syngenta und auch Firmen wie die KWS versuchen, die bestehenden rechtlichen Schlupflöcher im europäischen Patentrecht auszunutzen, um Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere zu erhalten. In den Patentanträgen werden die Grenzen zwischen konventioneller Züchtung und gentechnischen Eingriffen systematisch verwischt. Patente, die auf gentechnisch veränderte Pflanzen (oder Tiere) erteilt werden, können sich so auch auf Pflanzen und Tiere erstrecken, die aus konventioneller Züchtung stammen und vergleichbare züchterische Eigenschaften aufweisen.

„Die Prüfung der Patentanträge darf nicht dem Europäischen Patentamt überlassen bleiben. Es ist Aufgabe der Politik, für klare Regeln zur Einhaltung der bestehenden Verbote zu sorgen. Die Bundesregierung hat nur noch wenige Monate Zeit, um im Sinne des Koalitionsvertrages für mehr rechtliche Klarheit zu sorgen“, sagt Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere dürfen nicht länger patentiert werden!“

In Europa sind Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere verboten. Eine entsprechende Regelung wurde 2020 von der Großen Beschwerdekammer, der höchsten rechtlichen Instanz des EPA, bestätigt. Doch bei der Umsetzung dieser Verbote gibt es erhebliche Probleme: Nach der gegenwärtigen Praxis werden auch Pflanzen mit zufälligen genetischen Veränderungen als patentierbare Erfindungen angesehen. Es gibt bereits zahlreiche Beispiele, die zeigen, wie rechtliche Schlupflöcher dazu genutzt wurden, um Patente auf Gerste und Bier, auf Melonen oder auch auf Salat aus konventioneller Züchtung zu erteilen.

„Jedes Jahr kommen rund 100 weitere Patentanträge auf konventionelle Züchtung hinzu. In Europa sind schon jetzt über tausend Sorten von entsprechenden Patenten betroffen. Werden diese Patente nicht gestoppt, kann das schwerwiegende Auswirkungen für Züchtung, Landwirtschaft und VerbraucherInnen haben. Die Patentinhaber können den Zugang zu den Pflanzen kontrollieren und behindern, der für die weitere Züchtung benötigt wird. Die Politik muss jetzt die Gefahr für die Zukunft unserer Ernährung abwenden“, sagt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!.

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