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Düngeverordnung

Rote Gebiete: Wegen Ukrainekrieg Düngeverordnung kippen?

Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 25.02.2022 - 12:12

Freie Bauern fürchten Versorgungsengpass. Bundesagrarministerium warnt vor Verteuerungen bei Lebensmitteln, sieht aber ausreichende Versorgung.

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Die Interessenorganisation Freie Bauern fordern die Bundesregierung auf, die Düngeverordnung 2020 auszusetzen und auch die Planungen für eine Ausweitung der Roten Gebiete auf Eis zu legen.

„Angesichts der bereits heute bestehenden gravierenden Düngerknappheit, die sich noch verschärfen wird, müssen wir alle verfügbaren Nährstoffe an die Pflanzen bringen und dürfen die Betriebe nirgendwo mit irgendwelchen fachlich ohnehin umstrittenen Auflagen einschränken“, argumentiert Jens Soeken von den Freien Bauern Niedersachsen.

Jede politisch motivierte Verringerung der heimischen Lebensmittelproduktion könne für die Versorgung der Bevölkerung im kommenden Jahr schwerwiegende Folgen haben, so der 41jährige Landwirt aus dem ostfriesischen Timmel. Durch den Krieg in der Ukraine droht seiner Ansicht nach der Ausfall weltweit wichtiger Anbaugebiete für Getreide. In einer solchen Situation dürfe sich ein vorausschauend handelnder Staat nicht darauf verlassen, dass man überlebenswichtige Güter jederzeit überall auf der Welt einkaufen könne.

Das Grundwasser sei durch landwirtschaftliche Düngung nie großflächig in Gefahr gewesen, von wenigen Regionen mit Intensivtierhaltung abgesehen, meint Soeken.

Soll man agrarpolitische Themen wie Rote Gebiete oder Stilllegung mit dem Ukrainekrieg verknüpfen?

Auswahlmöglichkeiten

BMEL sieht keinen Versorgungsengpass, warnt aber vor Verteuerungen

Das Bundesagrarministerium (BMEL) räumt in einer ersten Analyse zu den Auswirkungen des Ukrainekriegs ein, dass eine Unterbrechung der Exporte aus der Region für zusätzliche Unsicherheiten sorgen könnte, begleitet von Preisanstieg und erhöhter Preisvolatilität auf den internationalen Märkten. Insgesamt sei die Ernährungsindustrie durch Preissteigerungen auch bei Vorleistungen (wie Düngemitteln und Energie) betroffen. In diesem Zuge schließt das BMEL eine weitere Verteuerung von Lebensmitteln sowie eine Steigerung der Inflationsrate nicht aus.

Für die Versorgung der Getreide- und Ölsaatenmärkte in Deutschland rechnet das BMEL indes mit keinen direkten Auswirkungen. Weitere Agrarmärkte oder Agrarprodukte dürften wegen eines geringen Handelsvolumens nicht betroffen sein, heißt es in Berlin.

Nordafrikaner und Türken besonders betroffen

Die Ukraine und Russland sind zwar bedeutende Exporteure auf dem internationalen Weizenmarkt. Die EU hat hier aber einen hohen Eigenversorgungsanteil. Aus BMEL-Sicht kann die Krise gerade Länder außerhalb Europas treffen, die Schwierigkeiten haben werden, dies anderweitig auszugleichen. Hauptimporteure von russischem und ukrainischem Weizen sind Länder Nordafrikas, die Türkei sowie asiatische Länder.

„Mein Ministerium wird mit allen Möglichkeiten dort unterstützten, wo Hilfe gefragt und möglich ist, und ist bereits in Kontakt mit den Ortskräften in den von uns geförderten Projekten“, so Bundesagrarminister Cem Özdemir. Er fordert von Deutschlands Partnern in der EU, der G7 und der Nato eine entschlossene Antwort, die der russische Staatspräsident Wladimir Putin verstehe. Özdemir verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine „auf das Schärfste“. „Ich habe Angst um die Menschen in der Ukraine, die um ihre Freiheit und ihr Leben fürchten müssen“.

Russland und Ukraine haben 29% Exportanteil bei Weizen

Russland erzeugt 10 Prozent und die Ukraine 4 Prozent des Weizens weltweit. Der weltweite Weizen-Produktionsanteil der EU lag in den letzten Jahren bei etwa 20 Prozent. In den letzten Jahren nahm der Anteil Russlands und der Ukraine an den weltweiten Weizenexporten beständig zu und betrug zuletzt 29 Prozent (Russland: 17 Prozent; Ukraine: 12 Prozent). Der Anteil der EU an den globalen Weizenexporten schwankte in der Vergangenheit witterungsbedingt zwischen 20 und 13 Prozent und lag zuletzt bei 16 Prozent.

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