Neumünster Ein anhaltendes Politikversagen bei der Düngeverordnung kritisiert der Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Universität Kiel, Prof. Friedhelm Taube. Bei der Jahrestagung des Landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes Schleswig-Holstein am vergangenen Freitag (13.1.) in Neumünster warf der Wissenschaftler den Bundeslandwirtschaftsministerium vor, nach wie vor keinen Entwurf für eine Novelle der Stoffstrombilanzverordnung vorgelegt zu haben, die für fast alle Betriebe ab dem 1. Januar dieses Jahres gelte. Dies sei unverständlich, nachdem die damit befasste Arbeitsgruppe vor mehr als einem Jahr ihren Evaluierungsbericht mit Vorschlägen für eine Neufassung dem Agrarressort übergeben habe.
Phosphorüberschuss soll stärker gedeckelt werden
Taube bekräftigte in seinem Vortrag die Notwendigkeit, den Konsum und die Produktion von Nahrungsmitteln tierischer Herkunft in den kommenden Jahren um 35 % bis 50 % zu verringern. Dies sei das zentrale Element für eine zügige Transformation hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystem. Eine daraus resultierende mögliche Verdopplung des Exports von Brotgetreide sei der eigentliche Beitrag Deutschlands zur Welternährung.
Neben Anreizen für einen stärker pflanzenbasierten Konsums hält Taube auch eine Steuerung durch die Düngegesetzgebung für unabdingbar. Eine wichtige Rolle misst er dabei einer Reaktivierung der erlaubten maximalen Phosphor-Salden aus der Düngeverordnung 2017 bei. „Werden die dort hinterlegten maximal 4,3 kg/ha an Phosphorüberschuss in der Novelle der Stoffstrombilanzverordnung wieder reaktiviert, hat das einen erheblichen Steuerungseffekt im Sinne einer flächengebunden Tierhaltung“, ist der Kieler Hochschullehrer überzeugt. Dies sei auch im Sinne einer künftig stärker grünlandbasierten Milcherzeugung unumgänglich. Denn der derzeitige Trend zu höchster Einzeltierleistung vom Acker bei einem hohen Spezialisierungsgrad verursache in der Regel Phosphorüberschüsse von 10 kg/ha und mehr, so der Wissenschaftler.
Selbstversorgung ist neu zu definieren
Als zentrales Instrument für eine Drosselung der Fleisch- und Milchkonsums forderte Taube den Mehrwertsteuersatz auf Nahrungsmittel tierischer Herkunft anzuheben und die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Produkte zu streichen. Auch plädierte er dafür, den Begriff Selbstversorgung neu zu definieren. Zur Begründung wies er darauf hin, dass wesentlich mehr Fleisch konsumiert werde, als dies der Gesundheit und der Umwelt zuträglich sei. Der Kieler Hochschullehrer schlägt einen „Selbstversorgungsgrad normiert nach Deutscher Gesellschaft für Ernährung (SVG-DGE) vor, der das tatsächliche Ausmaß der Überversorgung von tierischen Produkten vor dem Hintergrund des Ziels einer verantwortungsbewussten Ernährung ausweise. „Damit würde deutlich, dass der so ermittelte SVG-DGE für Fleisch, Milchprodukte und Zucker bei weit über 200 % liegt und eine deutliche Reduktion des Angebots geboten ist, so Taube.
Das meint die Wochenblatt-Redaktion dazu:
Statt gleich für eine Angebotsverringerung zu plädieren, lassen sich aber auch tierische Produkte exportieren. Voraussetzung ist aber, dass die deutschen Tierhalter noch konkurrenzfähig sind. Die derzeitige Agrarpolitik der Ampelregierung zielt aber lieber auf einen deutlichen Abbau der Tierbestände ab. Mit den Worten „Umbau oder Transformation“ streut der grüne Agrarminister den Bauern aber nur Sand in die Augen. Dazu passt auch Sicht der Regierung, die Bauern bei der Düngeverordnung weiter im Unklaren zu lassen. Offenbar sollen noch mehr das Handtuch werfen.
Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) warf daher Özdemir bereits zu Recht „Heuchelei“ vor. Aus ISN-Sicht sind Betriebsaufgaben und eine Verlagerung der Schweinehaltung ins Ausland sicher, die drei Rechtsvorhaben staatliche Tierhaltungskennzeichnung, Anpassung des Baugesetzbuches und das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung wie vorgesehen umgesetzt werden.