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EU-Nitratrichtlinie

Rote Gebiete: Gemeindepräsident Brandl verärgert Bauern

Brandl-Uwe-Gemeindetagspräsident_CSU
Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 09.12.2022 - 07:50

Neue Gebietskulisse reicht Kommunen nicht. Sie sehen Zugeständnisse der Staatsregierung an Bauern. Landwirte kritisieren Bauernbashing.

Abensberg/Siegenburg Mit seinen jüngsten Aussagen zur neuen Gebietskulisse für nitratbelastete Gebiete sorgt Uwe Brandl, (CSU), Präsident des Gemeindetages und Abensberger Bürgermeister, für Unmut bei den Bauern. Brandl ist skeptisch, ob die neue Gebietskulisse wirklich die Nitratbelastung im Grundwasser senken wird. Als Präsident des Gemeindetags vertritt er auch über 2000 kommunale Wasserversorger. Die Süddeutscher Zeitung zitierte ihn kürzlich mit dem Satz: „Ich bin gespannt, ob die Staatsregierung wieder einen Knicks vor den Bauern macht“.

Über diese Aussage des CSU-Bürgermeisters ärgert sich Landwirt Robert Schmack, Sprecher der Interessengemeinschaft Grundwasserkörper Siegenburg, Landkreis Kelheim. „Schade, wieder eine Chance vertan. Statt gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wieder nur unqualifiziertes Bauernbashing“, beklagt der aktive Landwirt.

Brandl: Kein billiges Bashing

„Das Wort Knicks habe ich nicht gebraucht. Aber Zugeständnisse zu Lasten eines effizienten Trink- und Grundwasserschutzes wären ja nichts Neues“, präzisierte Brandl seine Aussage gegenüber dem Wochenblatt. Unzufrieden ist Brandl, dass Bayern deutlich weniger und vor allem kleinere Wasserschutzgebiete hat als die meisten anderen Bundesländer. „Es ist nicht richtig, dass die Bauern ihre Flächen immer weiter hochdüngen können“, zitiert ihn die Süddeutsche.

Brandl stellt auf Nachhaken des Wochenblatts klar: “Mir liegt es fern mit billigem bashing ein derart fundamentales Thema anzugehen“. Er habe auch nicht davon gesprochen dass „Bauern ihre Flächen hochdüngen“. Fakt bleibe aber, dass es nicht angehen könne, zuzuwarten und zu akzeptieren, dass Nitrateinträge, woher auch immer, toleriert würden, bis die Zulässigkeitsgrenze von 50 mg erreicht ist. „Das ist ein völlig falscher Ansatz“, findet der Bürgermeister. Er fordert daher mehr Wasserschutzgebiete.

Gute Erfahrungen mit Kooperationen

Allerdings will er keine konkrete Zahl nennen. Die bisherigen Gebietskulissen habe die EU mehrfach als zu gering eingestuft. Im Vergleich zu anderen Bundesländern liegt Bayern bei den Schutzgebieten laut Bandl weit hinten. „Das sind doch die Fakten“, so der Gemeindetagspräsident.

Aus seiner Sicht ist Trinkwasserschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und ein wirtschaftlich fairer Ausgleich von Belastungen gefordert ist. „Dazu gehören auch freiwillige Bewirtschaftungsvereinbarungen, die in meiner Kommune seit Jahren für einen effizienten Schutz sorgen“, so der Abensberger Bürgermeister.

IG-Sprecher Schmack favorisiert freiwillige Kooperationen. Die Erfolge sprechen für sich. In seit rund 20 Jahren laufenden Grundwasserschutzprojekten kooperieren Kommunen und Landwirte beim Grundwasserschutz - auch über bestehende Wasserschutzgebiete hinaus. So konnte der Nitratgehalt im Wasser bereits um über 10mg/l reduziert werden.

Landwirt sieht keine Zugeständnisse

Schmack akzeptiert Brandls pauschalen Vorwurf steigender Nitrateinträge durch Landwirte nicht. „Dass sich kommunale Spitzenverbände mit Nachdruck und im Hintergrund dafür einsetzen, dass Kläranlagen bei einer drohenden Fällmittelknappheit Abwässer mit zu hohen Nährstoffkonzentrationen in Flüsse einleiten dürfen ist, nur wenig bekannt“, hält er entgegen. Derartige Defizite würde Dr. Uwe Brandl, mit Sicherheit auch nicht öffentlich thematisieren, ist sich der IG-Sprecher sicher. „Vielmehr versucht man den Schwarzen Peter wie immer den Landwirten unterzuschieben.“

Seiner Meinung nach stößt den Kommunen sauer auf, dass sich die Landwirte erfolgreich vor Gericht gewehrt hätten, gegen überzogene Auflagen und untaugliche Maßnahmen zum Grundwasserschutz.

Angesichts dessen von Zugeständnissen an Landwirte zu Lasten eines effizienten Trink und Grundwasserschutzes durch die Staatsregierung zu sprechen, lässt nach Schmacks Ansicht erkennen, wie „unehrlich und fern jeglicher rechtsstaatlichen Grundsätze“ die Diskussion um den Grundwasserschutz geführt werde.

Bis zu 15 % undichte Abwasserkanäle

Schmack stellt die Frage, warum die Stadt München ihr Trinkwasser nicht aus dem Englischen Garten beziehe, sondern aus dem landwirtschaftlich geprägten Mangfalltal? Die Antwort hat Schmack gleich parat: „Offenbar haben es dort die Landwirte geschafft, dass unter ihren Flächen das Grundwasser eine deutlich höhere Qualität aufweist als das Grundwasser unter urbanen Gebieten.

Nach Angaben des Landesamts für Umwelt stammen rund 17 Prozent der Nitratbelastung in Gewässern aus Kläranlagen. Zudem kann auch Abwasser aus der Kanalisation ins Grundwasser gelangen. Laut LfU sollen 10 bis 15 % der öffentlichen Kanäle undicht sein.

Für den CSU-Bürgermeister Brandl bietet das aber kein Grund, um Grundwasserverunreinigungen durch andere Faktoren zu rechtfertigen. „Kläranlagen und Kanalsysteme unterliegen einer strengen Kontrolle und wir sind gesetzlich verpflichtet Leckagen oder unzulässige Einträge in Vorfluter zu vermeiden“, argumentiert der Gemeindetagspräsident. Er räumt aber „noch Optimierungsbedarf, in welchem Umfang auch immer“ ein.

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