Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Kritik

Puten-Pläne: Bauernverband greift Özdemir an

Die Putenhaltung in Deutschland steht vor enormen Herausforderungen. Das neue Eckpunktepapier aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium ist der nächste Dämpfer für die Branche.
Philipp Seitz
Philipp Seitz
am Dienstag, 28.02.2023 - 19:05

Bayerische Putenerzeuger bangen um ihre Existenz. Özdemirs Pläne seien ein Förderprogramm für importiertes Tierleid, warnt der BBV.

Dasing/Lks. Aichach-Friedberg - Die Kameras klicken. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Landesbäuerin Christine Singer lächeln in die Kameras. Dabei soll die Botschaft, die vom Besuch auf dem Putenhof Asum im schwäbischen Dasing (Lks. Aichach-Friedberg) ausgeht, eine ganz andere sein. Lachen kann Landwirtin Sabine Asum gerade wenig. Für die deutschen Putenerzeuger sind es schließlich schwere Zeiten: Die Futter- und Energiekosten steigen stark an und ausgerechnet jetzt sorgt ein neues Eckpunktepapier von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) für Existenzängste.

Der Bayerische Bauernverband schlägt deshalb Alarm. Laut dem BBV sollen nach Özdemirs Vorstellungen künftig weniger Tiere pro Stall gehalten werden. Das habe massive Auswirkungen, erklärte Landesbäuerin und BBV-Tierhaltungspräsidentin Christine Singer am Dienstag, 28. Februar 2023, im schwäbischen Dasing. „Die traurige Wahrheit ist, dass wir viele unserer Betriebe und ihren schon jetzt hohen Tierwohlstandard verlieren werden.“

Singer bezeichnete Özdemirs Pläne als „das reinste Förderprogramm für polnisches und auch brasilianisches Putenfleisch“. Özdemirs Vorschläge würden nach ihren Worten bäuerliche Existenzen gefährden. Viele Putenhalter könnten, wenn die neuen Pläne umgesetzt werden, laut Singer aufgeben, weil sie im Wettbewerb nicht mehr bestehen könnten.

Der BBV drängt statt des Eckpunktepapiers auf europaweit einheitliche Standards für die Putenhaltung und pocht auf eine Herkunftskennzeichnung für Putenfleisch.

Putenmast im eigenen Land behalten

Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) forderte bei dem Ortstermin, die Putenmast im Land zu behalten. Nur so könne nach ihren Worten auch Einfluss auf die Haltungsbedingungen genommen werden. Eine andere Meinung hat Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne). Sie unterstützt die Pläne, wie der NDR berichtet. „Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu erweitern, ist ein überfälliger Schritt“, zitiert sie der Sender. „Die einzelnen Tiere brauchen mehr Platz im Stall.“

Tauschten sich über die aktuelle Lage aus: (v. l.) Landwirtin Landwirtin Sabine Asum, die bayerische Landwirtschaftsministerin  Kaniber und Landesbäuerin Singer.

Die Vorsitzende des Verbands Deutscher Putenerzeuger, Bettina Gräfin von Spee, äußerte im Interview mit dem dlv-Fachportal agrarheute Kritik an Özdemirs Plänen. „Es ist wirklich die Frage, ob es überhaupt dem Tierwohl dient, wenn weniger Tiere im Stall sind. Wir können das so nicht nachvollziehen.“ Landwirte, die ihre Ställe mit niedrigeren Besatzdichten fahren, würden laut Gräfin von Spee immer wieder sagen, dass die Tiere nicht besser werden, „sowohl was das gegenseitige Picken anbetrifft als auch den Anteil der Fußballenläsionen“.

Der größte Knackpunkt an dem Eckpunktepapier für die Putenhalter seien die Senkung der Besatzdichte auf 40 Kilogramm pro Quadratmeter Stallfläche für die Hähne und 35 Kilogramm für die Hennen. Hinzu kommen laut Gräfin von Spee Vorschriften für die maximale Tierzahl pro Quadratmeter 1,9 Tieren (Hähne) und 3,1 Tieren (Hennen). „Wenn man es genau nimmt, ist dies eine doppelte Beschränkung der Besatzdichte. Das gab es sonst noch in keinem Papier. Das sind die strengsten Anforderungen in der ganzen EU.“

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den forstpraxis-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.

Auch interessant