Die Aktivisten der Bewegung „Die letzte Generation“ will am Mittwoch (16.2.) vor dem Reichstagsgebäude in Berlin einen offenen Brief übergeben. Darin fordert sie die Regierung noch einmal offiziell auf, massiv gegen die Lebensmittelverschwendung vorzugehen und für eine radikale Agrarwende einzutreten. Aus Sicht der Bewegung seien dies „notwendige Schritte für unsere Zukunft“.
„Wenn Herr Scholz und sein Kabinett bereit sind, sich wirklich für unser aller Wohl auch in den kommenden Jahrzehnten einzusetzen, dann freuen wir uns, sie dort zu treffen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Insbesondere die Zuständigen der Regierungsparteien für die Ernährung, Renate Künast (Grüne), Susanne Mittag (SPD) und Dr. Gero Hocker (FDP), haben die Aktivisten persönlich dazu eingeladen.
Mist im Bundeslandwirtschaftsministerium ausgekippt
Bereits am Dienstag sorgte die Bewegung für Aufregung im Bundesagrarministerium. Denn sie kippten Pferdemist in das Foyer des Gebäudes.“Die Regierung hat keinerlei Wertschätzung für unser Essen. Sie behandelt die Arbeit unsere Landwirte wie Mist. Sie tritt unser Recht auf Nahrung mit Füßen. Wer so einen Mist macht, bekommt auch Mist“, erklärte Lea Bonasera. Vier Aktivisten klebten sich im BMEL an, während sie Pferdemist im Foyer des Ministeriums ausschütteten. Mit der Aktion forderten sie eine umfassende Agrarwende gegen auch in Deutschland drohende Hungersnöte. Auch im Bundesjustizministerium verteilten sie Essensreste aus Supermarktmülltonnen.
Daneben hat die Bewegung „Die letzte Generation“ mit ihrer Kampagne „Essen Retten - Leben Retten“ im Berliner Umland erneut eine Autobahn blockiert.
Özdemir zeigt Verständnis für Protest
Bundesagrarminister Cem Özdemir störte offenbar der Mist in seinem Haus wenig. In einem Statement verkündete er zuallererst froh zu sein, dass die Demonstrantinnen und Demonstranten keine Krankenwagen aufhielten, sondern gemerkt haben, dass sie sich „an uns in der Politik“ wenden könnten. Schritt eins sei damit vollbracht, Schritt zwei wäre jetzt, die Politik einfach zu einem Gespräch einzuladen, wie das so üblich sei, wenn man am selben Strang ziehen könnte.
„ Dass so viele Lebensmittel weggeworfen werden, empört zu Recht viele Menschen und mich auch. Lebensmittelverschwendung ist ein großes Problem und gerade mit Blick auf die Klimakrise müssen wir das dringend anpacken,“ so der grüne Agrarminister. Er bekräftigte seine Absicht, die Lebensmittelverschwendung in der gesamten Wertschöpfungskette – vom Feld bis zum Handel – zu reduzieren. Die neue Bundesregierung habe den entschiedenen Kampf gegen Lebensmittelverschwendung aufgenommen.
„Dazu sind mein Kollege Marco Buschmann und ich im Gespräch,“ versicherte Özdemir. So arbeite das BMEL seit Dezember mit Hochdruck an geeigneten Maßnahmen. Dazu gehören zum Beispiel verpflichtende Reduzierungszielvorgaben wie auch die Erleichterung von Spenden.
Kritik von der Ernährungsindustrie
Erst kürzlich hatte sich die Ernährungsindustrie sehr kritisch zu den Protesaktionen der Bewegung "Die letzte Generation" geäußert. Die Blockaden seien weder gerechtfertigt, noch sinnvoll, denn sie basierten auf Vorurteilen statt auf Fakten, so die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Aus Sicht der Ernährungsindustrie sei ein Gesetz, wie es von den Aktivisten gefordert werde, weder notwendig noch zielführend.
„Deutsche Unternehmen spenden jedes Jahr rund 300 000 t Lebensmittel an die Tafeln; das ist mehr als in Ländern, in denen Anti-Wegwerf-Gesetze verabschiedet wurden“, hatte BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff hervorgehoben. Zudem hatte er zu bedenken gegeben, dass in Deutschland 52 % der Lebensmittelverluste in den privaten Haushalten entstehen.