Am Donnerstag (3.2.) startet auf EU-Ebene der Trilog über die Verordnung zu Statistiken des landwirtschaftlichen Inputs und Outputs (SAIO). Dabei geht es auch um die Statistiken der EU-Mitgliedstaaten zur Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Diese Daten bilden die Grundlage, um das Green Deal-Ziel einer Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes bis 2030 erreichen zu können.
Im Vorfeld dazu ist in Österreich eine heftige Diskussion zwischen Berufsvertretung und Umweltorganisationen entflammt. Es geht um mehr Transparenz beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und um das Erfassen einzelbetrieblicher Daten. Dagegen spricht sich die Landwirtschaftskammer Österreich vehement aus.
Deren Präsident Josef Moosbrugger fürchtet bei einer solchen einzelbetrieblichen Datenerfassung und Veröffentlichung der Daten ein „Bauern-Bashing“ und sagt ein klares „Nein“. Das würde nicht nur enorme Bürokratie bedeuten. Es sei auch in keinem anderen Wirtschafts- oder Industriebereich der Fall, wo genauso verschiedenste Mittel zum Einsatz kommen, argumentiert der LKÖ-Präsident. „Wir wollen verhindern, dass unsere Familienbetriebe wegen der notwendigen Pflanzenschutzmittel in polemisierender und verzerrter Darstellung an den Pranger gestellt werden – möglicherweise gerade in Jahren, in denen Witterung bzw. Schädlingsdruckmäßig besonders herausfordernd waren“.
Laut Moosbrugger ist bereits für maximale Professionalität und Nachvollziehbarkeit gesorgt, wenn auf Betrieben Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Jeder Anwender müsse einschlägig ausgebildet sein und über einen Sachkundenachweis verfügen. Außerdem ist jeder Mitteleinsatz schon jetzt genau zu dokumentieren. Gemäß EU- und nationalem Recht sind alle Bäuerinnen und Bauern dazu verpflichtet, Aufzeichnungen zu führen und diese mehrere Jahre lang aufzubewahren. „Diese Daten werden dann bei externen, unabhängigen Vor-Ort-Kontrollen zur Verfügung gestellt und überprüft“, betont der Kammerpräsident. Alle Pflanzenschutzmittel, die in der EU anwendbar sind, könnten außerdem im öffentlichen Pflanzenschutzmittel-Register nachgelesen werden.
Grüne wollen strengere Vorgaben
Ganz anderer Meinung sind die Grünen. „In Österreich wird derzeit nur die verkaufte Menge von Pestiziden transparent erfasst. Das behindert genauere Analysen, etwa für welche Kulturarten Alternativen besonders gefragt sind, oder in welchen Regionen die Artenvielfalt aufgrund von Nährstoffaustrag und Pestizidrückständen stärker gefährdet ist,“ so Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen.
Für sie ist klar, dass auch die Verwendung von „Düngemitteln und Pestiziden“ zentral erfasst und veröffentlicht werden muss. Regelmäßig hätten die Grünen dahingehend auch das Landwirtschaftsministerium aufgefordert, hier endlich in die Gänge zu kommen“, so die grüne Agrarsprecherin. Sie sieht dadurch keinen Mehraufwand für die Landwirte. Ihrer Meinung nach ist es unerheblich, wo Landwirte die Aufzeichnungen führen. Eine Statistik der Ausbringung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln, differenziert nach Regionen und Kulturen, wäre laut Voglauer ein enormer Gewinn für faktenbasierte politische Entscheidungen im Sinne der Umwelt und Gesundheit.
Die EU-Abgeordnete Sarah Wiener kündigt an, dass sich ihre Partei im EU-Parlament für eine „starke EU-Gesetzgebung“ einsetzen werden.
Umweltorganisationen fürchten Verwässerungen
Nach einem Report von Global 2000 hat das Europaparlament die Schlüsselelemente des SAIO-Gesetzesentwurfs beibehalten und teilweise sogar verbessert. Jedoch hätten Mitgliedstaaten in den nicht-öffentlichen Sitzungen des Rats weitreichende Verwässerungen vorgenommen. „Setzt sich der Rat mit seiner Position durch, wird eine Überwachung des EU-Pestizidreduktionsziels bis 2030 unmöglich“, analysieren die Umweltorganisationen Pesticide Action Network (PAN) Europe und GLOBAL 2000 in ihrem veröffentlichten Report „Mit verbundenen Augen zielen“.
Der im Februar 2021 vorgelegte SAIO-Vorschlag der Kommission sah unter anderem vor, dass die Mitgliedstaaten an die Eurostat zukünftig jährlich Statistiken über den Pestizideinsatz vorlegen müssen. Bisher war dies nur alle fünf Jahre nötig. Die Daten sollen dabei auf bestehende Betriebsaufzeichnungen beruhen. Die Landwirte müssen ihre Aufzeichnungen zukünftig elektronisch führen und übermitteln.
Im Rat erfuhr der Kommissionsvorschlag jedoch aus Sicht der Umweltorganisation „massive Verwässerungen“, die auf ein Beibehalten des Status Quo hinauslaufen. Nach den Recherchen der Umweltorganisation sollen zehn EU-Staaten darunter Österreich, Deutschland, Dänemark und die Niederlande schärfere EU-Vorgaben blockiert haben. Nach dem Regierungswechsel in Deutschland ist das Land aber aus der Gruppe ausgeschert. Ebenso wie Österreich hat Deutschland laut Global 2000 gegen das Ratsmandat gestimmt.