Berlin - Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) will bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode im Amt bleiben. Der Grünen-Politiker wurde zuletzt immer wieder als möglicher Nachfolger des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gehandelt, der 74 Jahre alt ist. Die nächsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg sind im Jahr 2026. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag von SWR und Stuttgarter Zeitung ergab, dass sich die Mehrheit (55 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg wünscht, dass Kretschmann bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben soll.
Özdemir erklärte in einem Interview mit der Tageszeitung „taz“, dass er die Legislaturperiode als Bundesagrarminister „bis zu ihrem Ende“ nutzen wolle. „Jetzt ist gerade mal ein Jahr um. Ich habe vieles angestoßen, viele Dinge warten aber auch noch drauf, dass sie umgesetzt werden. Ich will erleben, dass sie sich verändern“, sagte der Grünen-Politiker der Zeitung. Er fügte hinzu: „Und alles Weitere, würde jetzt Winfried Kretschmann sagen, liegt in Gottes Hand.“
Außerdem beklagte er sich in dem „taz“-Interview, dass er „harte Gegner“ beim Umbau der Landwirtschaft habe. Özdemir hat ein Bundesprogramm aufgelegt, um den Umbau der Tierhaltung zu fördern. Es umfasst nach Ministeriumsangaben eine Milliarde Euro, um Stallbaumaßnahmen für mehr Tierwohl zu fördern. Auf die Frage, ob die Summe nicht zu wenig Geld sei, damit alle 16.900 Schweinehalter in Deutschland ihre Ställe umbauen können, sagte Özdemir: „Ich habe auch harte Gegner, die den Umbau nicht wollen.“
Özdemir: Kleine Betriebe schützen
Die Krise der Tierhaltung in Deutschland treffe nicht alle gleichermaßen. „Vor allem die kleineren landwirtschaftlichen Betriebe haut es aus der Kurve“, sagte der Minister. Andere hätten sich sehr gut damit eingerichtet und wortstark organisiert. „Nicht jeder sieht die politische Notwendigkeit, dass auch kleine, familiengeführte Höfe mit tiergerechter Haltung eine Zukunft haben.“
Der grüne Bundeslandwirtschaftsminister räumte ein, dass die eingeplante Milliarde nicht reiche, „um das Programm auf den gesamten Produktionsprozess und auf alle Tierarten auszuweiten“. Innerhalb der Koalition werde deshalb über ein langfristiges Finanzierungsinstrument verhandelt. Ergebnisse dazu soll es laut dem Minister bis Ende März geben.
Fleischkonsum in Deutschland geht zurück
Özdemir sagte, dass der Fleischkonsum in Deutschland kontinuierlich zurückgehe. „Jetzt geht es darum, dass wir die Tierzahlen in Einklang bringen mit dem Fleischverzehr – und mit der Fläche. Deshalb wollen wir weniger Tiere, aber die sollen besser gehalten werden.“ Die Zuschüsse für den Stallumbau soll es nach Angaben des Ministers für landwirtschaftliche Betriebe geben, die höchstens zwei Großvieheinheiten – also zum Beispiel zwei Rinder – pro Hektar Land halten.
Die Union kritisiert den Bundesagrarminister derweil scharf. Die Rede ist davon, dass Özdemir keine Zuversicht bei den Verbrauchern und Landwirten verbreiten würde. Özdemir sei auch nach einem Jahr am Kabinettstisch noch nicht im Amt angekommen. In einem Rundschreiben an die Mitglieder der Unionsfraktion, das dem Wochenblatt vorliegt, kritisieren die Agrarpolitiker Steffen Bilger, Albert Stegemann und Artur Auernhammer, dass Özdemirs Politik nur aus Ankündigungen in den Medien bestehen würde.
Kritik: Özdemir im Amt nicht angekommen
Beim Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung habe Minister Özdemir zwar einen Gesetzentwurf zur Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung in den Bundestag eingebracht. Diese Kennzeichnung werde, wie es von der Union heißt, aber nicht mehr Transparenz, sondern weniger Vertrauen der Verbraucher und weniger Tierwohl bringen. So würde lediglich frisches Schweinefleisch gekennzeichnet werden, ohne die Verbraucher darüber aufzuklären, wo und wie das Ferkel aufgezogen wurde und ob es im Ausland betäubungslos kastriert worden ist, bevor es zur Mast nach Deutschland gekommen ist.
Andere Tierarten wie Geflügel, Rind oder Lamm bleiben außen vor, kritisieren die Unionsfraktionen. Auch würden die Verbraucher nicht erfahren, wie die Tiere gehalten wurden, deren Fleisch in verarbeiteten Produkten wie Wurst enthalten ist oder in Kantinen und Restaurants angeboten wird. Der Minister
Union: Schwierige Situation für die Landwirte
Letzten Endes schade Minister Özdemirs Vorschlag sogar dem Tierwohl in Deutschland, kritisieren die Unionsfraktionen, weil Fleisch aus dem Ausland nicht gekennzeichnet werden müsse und es an einer umfassenden Herkunftskennzeichnung fehle. Somit würden inländische Erzeuger erhebliche Wettbewerbsnachteile erleiden. Die Finanzierung der Mehrkosten für einen besonders tierwohlgerechten Stallumbau sei, so heißt es von der Union, seitens der Bundesregierung noch nicht geklärt. Kein Landwirt würde in dieser Situation in innovative Ställe investieren.