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„Nährboden für Stimmenfänger“

Max Riesberg
Max Riesberg
am Donnerstag, 05.03.2020 - 14:40

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber warnt vor negativer Stimmungsmache in den sozialen Medien, Radikalisierung in der Bauernschaft und einer Politik geprägt von Schlagworten und getrieben von Ideologien.

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München - Bayerns Landwirtschaftministerin Michaela Kaniber (CSU) ist derzeit wie andere Landespolitiker viel im Freistaat unterwegs. Der Wahlkampf vor der Kommunalwahl am 15. März ist in vollem Gange. Bei einer CSU-Veranstaltung im oberbayerischen Eschenlohe warnte sie kürzlich angesichts der Bauernproteste vor Radikalisierung und zeigte gleichzeitig Verständnis für die Demos.

Soziale Medien als Nährboden

„Es gibt tausende Probleme, die uns derzeit regelrecht erdrücken. Und ich bin froh um jeden, der auf die Straße geht und demonstriert“, betonte die Ministerin. Denn es müsse darum gehen, möglichst viele Adressaten zu erreichen. Allerdings mahnte sie auch vor einer Radikalisierung der Proteste und Aktionen aufgrund von Stimmungsmache in den Sozialen Medien. „Wir glauben schnell, was auf Facebook, Twitter und Co verbreitet wird, ohne die wirklichen Hintergründe zu kennen.“ Das sei der Nährboden für politische Stimmenfänger aus dem extremen Lager.

Die Landwirtschaft sei inzwischen genau da angekommen, wo sich zum Beispiel die High-Tech- oder die Autoindustrie schon lange befinden. Konkurrenzkampf und Marktdruck seien gnadenlos. Anliegen der Politik sei, den Bauern zu helfen. Für die Kritik an konkreter Hilfe hat sie kein Verständnis. „Die Bauernmilliarde ist alles andere als Schweigegeld, sondern im Hinblick auf Klimaschutz, Düngewirtschaft und Artenvielfalt eine Möglichkeit, wie wir es schaffen können“, sagte sie. „Zu glauben: Wir nehmen kein Geld mehr an und dann müssen wir uns an nichts mehr halten, ist alles andere als realistisch.“ Diese negative Stimmungsmache diene nur der AfD bei ihrem Stimmenfang.

Ideologie statt guter fachlicher Praxis

Oft werde die Öffentlichkeit auch schlichtweg mit Absicht falsch informiert, so die Ministerin. Sie erklärte im Hinblick auf die Düngeverordnung: „Wir haben uns für eine Übergangsphase mit laufender Überprüfung stark gemacht. Aber wir haben sie nicht bekommen.“ Auf politischer Ebene würde die Ideologie häufig die gute fachliche Praxis ausstechen. Man brauche nun zumindest einheitliche Standards, eine nachhaltige Entlastung der Kleinbetriebe und den sinnvollen Einsatz von Zusatzstoffen zur Gülleanreicherung.

Entscheidend ist für die Ministerin auch, dass man beispielsweise beim Reduzieren des Pflanzenschutzmitteleinsatzes schneller sei als andere Länder, um für etwaige weitere Verbote gerüstet zu sein: „Denn die Leute klagen heute gegen alles.“ Ihr sei es dabei wichtig, in einem Boot mit der Bauernschaft nach praxistauglichen Lösungen zu suchen.

Beim Thema Tierhaltung, sei es die Anbinde- oder Kastenstandhaltung, forderte Kaniber lange Übergangsfristen. „Was unsere Betriebe brauchen, ist Planungssicherheit.“ Man könne nicht sehenden Auges ins offene Messer laufen, die eigene Wettbewerbsfähigkeit hinten anstellen und dann Lebensmittel aus dem Ausland kaufen. Ihr Ziel sei, heimische Strukturen zu stärken.