Brüssel Damit das Mercosur-Abkommen innerhalb der EU auf mehr Zustimmung stößt, hat die Brüsseler Kommission nun offenbar einen neuen Vorstoß gewagt. So hat sie Ende Februar im Ausschuss für Handelspolitik ein neues Instrument vorgeschlagen, um ökologische und soziale Nachhaltigkeit zu überprüfen. Das berichteten verschiedene Brüsseler Kreise gegenüber Nachrichtendienst Agra-Europe. Die Dokumente halten Kommissionsbeamte allerdings noch unter Verschluss.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert indes, das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten neu zu verhandeln. Aktuell befinden sich nämlich Bundesagrarminister Cem Özdemir und Wirtschaftsminister Robert Habeck in Brasilien. Sie nehmen an den deutsch-brasilianischen Wirtschaftstagen in Belo Horizonte teil.
Özdemir bekundet großes Interesse am Abkommen
In seiner Kick-off-Rede anlässlich der Wirtschaftstage bekundete Özdemir, Deutschlands "starkes Interesse" am Abkommen mit den Mercosur-Staaten wie Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay . Es biete Chancen, "unsere politische und wirtschaftliche Partnerschaft mit diesen Ländern zu festigen."
Die Erfahrung des letzten Jahres hat nach Auffassung Özdemirs gezeigt, dass Deutschland auch im Agrarhandel seine Abhängigkeiten von einzelnen Ländern reduzieren müsse. "Deshalb wollen wir einerseits regionale Wertschöpfungsketten stärken und uns andererseits beim Import und bei Absatzmärkten breiter aufstellen", so der grüne Agrarminister.
Er forderte Nachhaltigkeit und Klimaschutz immer als zentrales Handlungsprinzip zu berücksichtigen.
Klimawandel und Artenvielfalt als Kriterien
Dem Vernehmen nach umfassen die Kommissionskriterien eine Reihe von Punkten, die sich unter anderem auf den Klimawandel, die Biodiversität, die Arbeitnehmerrechte und die Rechte indigener Völker beziehen. Zudem soll es einen Abschnitt über internationale Zusammenarbeit geben, in dem beide Seiten vereinbaren, die Handelsströme im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) weiterzuentwickeln.
Darüber hinaus schlägt die EU offenbar einen verbindlicheren Ansatz vor, um der Entwaldung stärker als bisher Einhalt zu gebieten. Auch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens soll verbindlich festgeschrieben werden.
Dieser Vorstoß der Kommission gilt als Versuch, den zahlreichen Kritikern in der Europäischen Union das Abkommen doch noch schmackhaft zu machen. In dieser Woche gab es eine weitere Verhandlungsrunde in Buenos Aires. Konkrete Ergebnisse drangen jedoch nicht nach außen. Beobachtern zufolge ist aber damit zu rechnen, dass die EU-Vorschläge bei den vier südamerikanischen Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay auf wenig Gegenliebe gestoßen sind.
DBV verlangt Green Deal-Ziele zu verankern
Aus DBV-Sicht darf das Mercosur-Abkommen so nicht kommen. Der Verband fordert, dass die Ziele des Green Deals, etwa die Minderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, genauso für Importe gelten müssen. Gleiches gilt für die deutschen Tierwohlstandards. Hält Südamerika diese Standards nicht ein, muss nach Auffassung des DBV-Präsidenten Joachim Rukwied einen sofortigen Importstopp geben. „Allgemeine Bekenntnisse für mehr Nachhaltigkeit im Handel reichen jedenfalls nicht aus,“ so Rukwied.
Ähnlich argumentiert auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zusammen mit Greenpeace Attac und Netzwerk weltgerechter Handel. Das Verbändebündnis fordert „verbindliche und sanktionierbare soziale und ökologische Kriterien“ für Im- und Exporte. Dazu zählen die Organisationen kostendeckende Erzeugerpreise, Tierwohl, Klimaschutz, Gentechnikfreiheit, keine klimaschädlichen Landnutzungen und keine Menschenrechtsverletzungen.