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Freihandelsabkommen

Mercosur: Wie Brüssel die EU-Staaten umgehen will

Josef Koch
Josef Koch
am Donnerstag, 20.05.2021 - 11:35

Das Mercosur-Abkommen soll so schnell wie möglich über die Bühne. Dafür lassen sich die Ratspräsidentschaft und Kommission einiges einfallen.

Dombrovskis Valdis-EU-Handelskommissar

Die österreichischen EU-Abgeordneten Simone Schmiedtbauer (Die Neue Volkspartei) und Thomas Waitz (Die Grünen) warnen vor einem übereilten Abschluss des EU-Mercosur-Handelsabkommens. „Wir sind nicht gegen Handel, doch wir sind gegen unfairen Handel“, sagten die steirischen EU-Abgeordneten unisono. Sie warnen vor Tricksereien der EU-Kommission. So mache die portugiesische Ratspräsidentschaft unheimlich Druck. Die portugiesische Ratspräsidentschaft drängt auf eine schnelle Ratifizierung des Handelsabkommens, obwohl weder dem Europaparlament noch den Mitgliedstaaten der finale Vertragstext vorliegen.

Gleichzeitig prüft die EU-Kommission, ob eine Teilung des Handelsabkommens, ein sogenanntes Splitting, in einen EU-Handelsteil und einen politischen Teil möglich wäre. Damit könnte die EU die nationalen Parlamente umgehen, da der Handelsteil dann nicht zustimmungspflichtig ist, sondern nur der politische.

"EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sollte von so einem undemokratischen Zug absehen. Es entsteht der Eindruck, als ob die Kommission das Europaparlament vor vollendete Tatsachen stellen möchte. Eins ist jedoch klar: Weder ein Zusatzprotokoll noch eine Teilung werden etwas an dem Inhalt des Handelsabkommens ändern. Es braucht hier umfassende Nachverhandlungen, ansonsten werden wir dem Abkommen nicht zustimmen“, kündigt Waitz an.

Waitz sieht Brasiliens Präsident als unsicheren Vertragspartner

Schmiedtbauer hält das Mercosur-Handelsabkommen in der derzeitigen Form für Landwirtinnen und Landwirte Europas nicht akzeptabel. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt, wo die neue gemeinsame Agrarpolitik mit steigenden Ansprüchen vor der Tür stehe und man intensiv nach gangbaren Lösungen für die Umsetzung des Green Deals suche, brauche man keine Doppelmoral im Außenhandel.

"Ungleiche Produktionsstandards in Südamerika und der EU sind ein massives Problem. Kumulative Auswirkungen bereits unterzeichneter sowie künftiger Handelsabkommen sind schwer absehbar und Mercosur könnte das Fass zum Überlaufen bringen“, bekräftigt Schmiedtbauer, Agrarsprecherin der ÖVP im Europaparlament.

Für Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen, ist das Vorgehen Portugal "komplett inakzeptabel". Die Nachhaltigkeitsfolgenabschätzung der Kommission zeigt laut Waitz deutliche Lücken in Fragen der Bodennutzung und des CO2-Ausstoßes. Ungeklärt seien auch noch immer die Einwände des Parlaments bei Menschenrechten, Entwaldung, Klimaschutz und Biodiversität. "Mit einem Vertragspartner wie Jair Bolsonaro, Brasiliens Präsident, sind Verträge nicht einmal das Papier wert, auf das sie gedruckt werden", meint Waitz.

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