München Wenig Verständnis haben Landesbauernpräsidenten für die Zusage von Bundeskanzler Olaf, das Mercosur-Abkommen zügig zum Abschluss bringen zu wollen. Scholz hatte diese Zusage während seiner Südamerika-Reise dem brasilianischen Präsidenten Luiz Lula da Silva gegeben und diese in einer gemeinsamen Abschlusserklärung auch unterschrieben.
Kürzlich hatte sich auch der Europaabgeordnete Manfred Weber, CSU und EVP-Vorsitzender, für einen zügigen Abschluss des Freihandelsabkommens mit südamerikanischen Staaten ausgesprochen.
BBV fordert faire Regeln
Der Bayerische Bauernverband (BBV) warnt Scholz davor, das Abkommen in seiner bisherigen Form anzunehmen. Man verschließe sich nicht gegen Handel, so der Verband. Es gehe vielmehr darum, dass die EU endlich in Handelsabkommen die Unterschiede in den Standards in der Erzeugung von Lebensmitteln thematisieren und Regeln für einen fairen Handel aufstellen müsse. Dies sei nicht nur im Interesse der europäischen Landwirte, sondern auch der Verbraucher! Nach Auffassung des Verbandes kann nicht sein, dass die Bauern in der EU unter höchsten Auflagen und damit auch Kosten wirtschaften und dann mit Importen konkurrieren müssen, die unter deutlich niedrigeren Anforderungen produziert wurden.
Und gerade in den Mercosur Staaten liegen laut BBV die Anforderungen zum Beispiel an die Tierhaltung oder den Einsatz von Arznei- und Pflanzenschutzmitteln weit unter dem EU-Niveau.
Keine nachhaltigen Schiffstransporte
Ähnlich kritische Töne kommen aus Rheinland-Pfalz. Dort ist der Präsident des BWV Rheinland-Nassau, Michael Horper, über Scholz Zusage besorgt. Man könne nicht Nachhaltigkeit von der Landwirtschaft fordern und dann für den sicher nicht nachhaltigen Schiffstransport von Rindfleisch aus Südamerika die Handelsschranken senken, kritisiert Horper das Vorgehen des Bundeskanzlers. Offensichtlich hat Scholz bei seiner Zusage vergessen, dass er geschworen habe „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“ und dazu zählten nun mal auch die Landwirte.
Völlig unverständlich sei ihm, wie man angesichts der tiefgreifenden Veränderung der Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherung sehenden Auges die Verdrängung der heimischen Lebensmittelerzeugung in Kauf nehmen wolle, um im Gegenzug unter anderem mehr Autos zu exportieren. „Mit diesem Abkommen wird Europa Zucker und Ethanol importieren, die in keiner Weise unseren Produktionsstandards entsprechen. Allein in Brasilien werden 27 Herbizide und Insektizide verwendet, die in Europa verboten sind, erinnert Horper an die Recherche von COPA, der Dachorganisation der europäischen Bauernverbände in Brüssel, die sich bereits 2019 deutlich gegen das Mercosur-Abkommen ausgesprochen hatte.
Was derzeit geplant ist
Im Abkommen wird laut Horper den Mercosur-Staaten Freihandelsquoten für Geflügelfleisch von 180.000 Tonnen und ein zollfreies Lieferkontingent von 180.000 Tonnen Zucker jährlich zugestanden. Zudem soll der Import von 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem Zollsatz von 7,5 Prozent erlaubt werden. Für Ethanol aus dem Mercosur-Block ist ein Jahreszollkontingent von 650.000 Tonnen vorgesehen. Eine Folgenabschätzung von Wissenschaftlern der School of Economics and Political Science hatte im Dezember 2020 ergeben, dass die Einfuhren von Rindfleisch in die EU um 30 bis 64 Prozent zunehmen würden. Im Gegenzug würde die Rindfleischproduktion innerhalb der EU zurückgehen.