Die kritischen Stimmen zum Umgang der Bundesumweltministerin mit den Landwirten häufen sich. Alfred Enderle, Bezirkspräsident des BBV Schwaben hat bereits am 22. Mai den Rücktritt von Schulze gefordert. "Wir brauchen Dialog statt Diffamierung", so seine Begründung. Am gleichen Tag gab Land schafft Verbindung Original bekannt, dass die Organisation gegen die Bundesministerin Strafanzeige gestellt habe wegen Volksverhetzung, Verleumdung und rechtswidrigen Vermögensvorteil (§§ 130, 187 StgB und 263 StgB).
Als dritter im Bunde folgt nun Land schafft Verbindung Deutschland (LsV Deutschland) und führt als Grund an, die Bundesumweltministerin Svenja Schulze habe der Landwirtschaft die Alleinschuld am Verlust der Artenvielfalt gegeben: zu viel Dünger und Pestizide würden auf den Wiesen und Weiden eingesetzt und die intensive Wiesenmahd würde ebenfalls negativ einwirken. "Wir Landwirte wollen Natur- und Umweltschutz, der nachhaltig für Natur, Umwelt, Gesellschaft und unsere Betriebe ist", halten sie der pauschalen Schuldzuweisung entgegen.
Mangelnde Dialogbereitschaft der Umweltministerin
"Ein Dialog mit dem Bundesumweltministerium war bislang nicht möglich, Kontaktaufnahmen unsererseits werden ignoriert", bemängelt LsV Deutschland den Umgang mit den Bauern. Damit rührt die Organisation an einem wunden Punkt des Ministeriums, die diesem Vorwurf bereits mehrfach ausgesetzt war. So lehnte Schulze die Einladung des Deutschen Bauernverbandes zu einem Gespräch über die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland ab.
Deshalb ruft die Landwirtebewegung nun am 28.05.2020 zu bundesweiten Protestkundgebungen auf. "Wir Landwirte wehren uns gegen die Diffamierung durch die Politik. Wir fordern eine sachliche und nicht ideologische Betrachtung der Sachlage. Der Rückgang der Biodiversität muss ganzheitlich betrachtet werden und nicht einseitig", charkaterisiert die Bauernbewegung ihren Standpunkt.
Selbstversorgung steht im Feuer
47% der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Auf der anderen Seite werden täglich für Siedlungs- und Verkehrsmaßnahmen rund 60 ha Fläche der Landwirtschaft entzogen und fehlen schlussendlich zur Erhaltung der Biodiversität.
Deutschland hat eine Gesamtfläche von 357.000 km², hiervon werden rund 168.000 km² landwirtschaftlich genutzt. Nach Auffassung des NABU sollen zukünftig 100.000 km² Naturschutzflächen sein und würden somit der Landwirtschaft verloren gehen, argumentiert LsV Deutschland.
Mit dem Verlust dieser Fläche werde die landwirtschaftliche Selbstversorgung in Deutschland massiv gefährdet. Die letzten Monate und Wochen hätten jedoch gezeigt, wie immens wichtig ein hoher Selbstversorgungsgrad sei, um nicht von Importen aus dem Ausland abhängig zu sein.
Gesamte Gesellschaft trägt Verantwortung
Nicht nur die Landwirtschaft trägt zum Verlust der Artenvielfalt bei, sondern die gesamte Gesellschaft, gibt LsV Deutschland zu bedenken und führt dazu an:
- In Deutschland leben 82 Millionen Menschen. Jeder hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck.
- in Deutschland sind rund 60 Millionen Autos auf den Straßen unterwegs und erfordern eine hohe Verkehrsinfrastruktur.
- Über 50 Millionen Passagiere reisen mit dem Flugzeug.
- Durch den Ausbau des 5G Netzes werden die Insekten in ihrer Orientierung gestört,
- Die Städte sind nachts durch die vielen Laternen taghell und 92 Milliarden Insekten werden durch die Luftverschmutzung vernichtet.
- Die neue Hygienisierung der Landwirtschaft hat ebenfalls massive Auswirkungen auf den Insektenbestand: der klassische Misthaufen muss mit Plastikfolie abgedeckt werden – „Paradiese“ für die Reproduktion der Insekten stehen so massenweise nicht mehr zur Verfügung.
- Weidetierhaltung wird immer schwieriger, da Wolfsrudel unkontrolliert Weidetiere angreifen und ein Schutz der Weidetiere nicht mehr möglich ist, nimmt die Weidetierhaltung ab und es werden auch hier wieder „Insektenparadiese“ reduziert.
Zuviel Ideologie, zu wenig Wissenschaft
Der auf der Bundespressekonferenz vorgestellte Bericht über die Lage der Natur habe die Landwirtschaft als Sündenbock für die Missstände dargestellt, kritisiert die Landwirtebewegung. Es würden aber die wissenschaftlich fundierten Untersuchungen fehlen, um derartige Aussagen zu begründen. "Wo sind die Fakten, die nicht ideologisch eingefärbt sind?", so der Vorwurf von LsV Deutschland.
Als Schlussforderung hält LsV Deutschland in seiner Pressemitteilung fest: "Da der von uns gewünschte und mehrfach angebotene offene und sachliche Dialog mit dem Bundesumweltministerium nicht möglich ist, fordern wir den sofortigen Rücktritt von Frau Svenja Schulze und Herrn Jochen Flasbarth. Wer andere Meinungen nicht einmal anhört, ist nicht dialogbereit, nicht demokratiefähig und muss daher abgelöst werden. Wir sind jederzeit bereit, mit den Nachfolgern/innen sach- und fachlich fundierte, ideologisch nicht verfärbte Gespräche zu führen."
Das Schreiben ist unterzeichnet den Vorständen: Dirk Andresen, Frank Böcker, Christoph Plass und Johannes Wagenbach.