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Flächenverbrauch

Landfraß: Forciert Ampelregierung den Ausverkauf von Agrarflächen?

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Josef Koch
Josef Koch
am Mittwoch, 29.03.2023 - 14:50

Der Bauernverband sieht Fluch und Segen der jüngsten Koalitionsbeschlüsse. Kompromisse zum Tierwohl sind Fehlanzeige.

Die Ampelregierung will noch einem Zahn bei der Energiewende zulegen. Das sieht der Kompromiss der Koalitionsfraktionen nach gut 30 Stunden Verhandlungen vor. Doch für die Bauern gibt es Gefahren. Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, warnt vor einem Ausverkauf der Agrarflächen. „Wenn allerdings Kompensationszahlungen zum privilegierten Flächenerwerb genutzt werden können, ist ein Ausverkauf landwirtschaftlicher Flächen und weiterer Flächenverlust zu befürchten“, so der Bauernpräsident. Das müsse verhindert werden: Aus seiner Sicht muss der Umstieg auf erneuerbare Energien so geschehen, dass möglichst wenig landwirtschaftliche Flächen dafür verloren gehen.

Ausbau von Solar- und Windanlagen an Autobahnen

Grund für Rukwieds Warnung ist: SPD, Grüne und FDP wollen die Vorkaufsrechte ausweiten und mehr Vorranggebiete für Renaturierung und Naturschutzkompensation schaffen. „Das ist nicht akzeptabel.“ Der Schutz des Privateigentums setzt hier aus DBV-Sicht enge verfassungsrechtliche Grenzen. Zumindest kündigten die drei Fraktionen an, die naturschutzrechtliche Kompensation, Stichwort Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen, künftig besser zu steuern. Ein Ausgleich kann auch finanziell erfolgen. Laut Verband kann das helfen, den zusätzlichen Verlust ertragreicher landwirtschaftlicher Flächen einzudämmen. Gleichzeitig sollen entlang von Autobahnen und Schienenstrecken künftig vermehrt Solar- und Windkraftanlagen gebaut werden.

Andere Bestandteile des Paketes bewertet Rukwied aus Sicht der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes überwiegend positiv. Er begrüßt, dass die Koalition in der Klima- und Energiepolitik ideologieoffener agieren will. Dazu zählt er die Berücksichtigung der Kohlenstoffspeicherung unter Einbeziehen von Biomasse. Bei der Gebäudewärme muss aus DBV-Sicht die Technologieoffenheit Holzenergie und Biogas einschließen.

Aus für Biokraftstoffe war kein Thema

Wie die Bioenergieverbände findet es auch der DBV gut, dass die Fraktionsspitzen den Vorschlag des Bundesumweltministeriums für eine Abschaffung von Biokraftstoffen aus landwirtschaftlichem nicht aufgegriffen haben. Die geplanten steuerlichen Erleichterungen für fortschrittliche Biokraftstoffe halten die Verbände für einen wichtigen Schritt, um diese Kraftstoffe zu fördern.

Dagegen vermisst die Bioenergiebranche Weichenstellungen, wie eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die Rahmenbedingungen für biogene Kraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) verbessern soll. Zudem fordern sie, dass Planungs- und Genehmigungsprozesse selbstverständlich für alle erneuerbaren Energien, einschließlich der Bioenergie, zu beschleunigen und vereinfachen sind.

Kein Wort zum Umbau der Tierhaltung

Noch kritischer werten die Opposition die Ergebnisse des Koalitionsausschusses. Enttäuscht vom Ergebnis ist Unionsfraktionsviez Steffen Bilger: „30 Stunden Verhandlungen und dann kein Wort zur Landwirtschaft - das ist eine große Enttäuschung.“ Die Koalition sei zentralen Fragen wie der Zukunft der landwirtschaftlichen Tierhaltung, dem Werbeverbot für Nahrungsmittel oder dem Einsatz innovativer Technologien tief zerstritten. „Diese Koalition lässt unsere Landwirte vollkommen im Unklaren, wohin die Reise geht,“ bemängelt er .

In der Tat haben SPD, Grüne und FDP steht im sogenannten „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“ kein Wort zum Umbau der Tierhaltung verloren. Dabei kündigte Agrarminister Cem Özdemir vergangenen Woche beim Treffen der Länderagrarminister groß an, ein Tierhaltungspaket vorzulegen, das neben der Tierhaltungskennzeichnung, auch Investitionsförderung und Baurecht enthält. Auf Nachfrage des Wochenblatts hieß es noch dazu, für das Paket seien die Regierungsfraktionen zuständig, nicht das Ministerium. Allerdings war auf gut informierten Kreisen in Berlin zu erfahren, dass die Koalition in den kommenden Wochen weitere Vorhaben durch das Kabinett bringen wird, die nicht explizit in diesen 16-seitigen Papier enthalten sind.

AfD-Agrarsprecher Stephan Protschka bemängelt, dass die Ampelfraktionen mit dem „kräftigen CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 auf die LKW-Maut ab 2024 für weiter steigende Lebensmittelpreise sorge. ´

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