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EU-Agrarministerrat

Knatsch im EU-Agrarrat: Staaten verlangen mehr Mitbestimmung

Totschnig-Eu-Agrarrat_01_2023
Josef Koch
Josef Koch
am Montag, 30.01.2023 - 16:02

16 Länder fordern mehr Kompetenz und eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe im EU-Agrarrat.

Brüssel Eine Mehrheit der EU-Agrarminister aus 16 Staaten habe sich in einem Brief an den schwedischen EU-Ratsvorsitz gewandt. In dem „Kompetenzbrief“ Schreiben, das auf Initiative des österreichischen Agrarministers Norbert Totschnig zustande kam, bemängeln die Agrarminister, dass land- und forstwirtschaftliche Expertisen auf EU-Ebene unzureichend Berücksichtigung finden. So fordern sie, dass der EU-Agrarrat verstärkt in Entscheidungs- und Verhandlungsprozesse eingebunden wird. Schließlich würden Energie-, Klima- und Umwelt-Dossiers die europäische Landwirtschaftspolitik direkt beeinflussen. So sorgen sich die Agrarministerinnen und -minister vor allem um die Ernährungssicherheit in der EU. So würde die EU-Kommission in unterschiedlichen Strategiezielen des Green Deals, vermehrt Maßnahmen andenken, die zum Verlust von land- und forstwirtschaftlichen Flächen in der Union führen können.

Neben Österreich unterstützen unter anderem Finnland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern die Anliegen, Deutschland indes nicht.

Landwirtschaft soll mehr mitreden dürfen

Wenn Entscheidungen in anderen EU-Ratsgremien getroffen werden, die unmittelbare Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben, dann muss aus Sicht der 16 Staaten die Landwirtschaft auch am Verhandlungstisch sitzen. Das betrifft auch alle Vorbereitungs- und Arbeitsgremien, wie Sonderausschuss Landwirtschaft und der Ratsarbeitsgruppe Forstwirtschaft.

Doch derzeit würden immer mehr Themen ohne oder unter geringer Einbindung land- und forstwirtschaftlicher Expertise entschieden, zum Beispiel die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, zur Bodengesundheit oder die Richtlinie für Erneuerbare Energien (RED III). „Darum fordere ich mit Unterstützung von 15 Mitgliedsstaaten den schwedischen Ratsvorsitz dazu auf, wieder den Weg des Dialogs einzuschlagen und den EU-Agrarrat verstärkt einzubeziehen,.“ so Totschnig.

Ad hoc-Arbeitsgruppe vorgeschlagen

Des weiteren fordern die Länder bei Kommissionsvorschlägen mit direkten Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft den EU-Agrarrat umfassend einzubinden. Die Länder schlagen daher eine themenübergreifende Ad hoc-Arbeitsgruppe vor, die sich auch aus Land- und Forstwirtschaftsexperten zusammensetzt. Darüber hinaus halten es die Mitgliedstaaten für erforderlich, den Landwirtschaftsrat regelmäßig über den aktuellen Stand zu informieren. Zudem soll seine land- und forstwirtschaftliche Expertise regelmäßig in anderen Ratsgremien Niederschlag finden.

Österreichs Bauernbund-Präsident Georg Strasser begrüßt Totschnigs Initiative. „Sie ist dringend notwendig und sollte auch tunlichst umgesetzt werden“, so Strasser.

Grüne Parlamentarier kritisieren Vorstoß der Agrarminister

Heftige Kritik an Österreichs Vorstoß kommt aus dem EU-Parlament. Nach Auffassung des grünen EU-Abgeordneten müssen Umwelt und Klimaschutz weiterhin federführend dem Umweltministerium unterliegen. Dieser Brief sei ein Affront und wäre eine Katastrophe in den Bemühungen den Grünen Deal zu retten und die Klima- und Biodiversitätskrise aufzuhalten.

„Das Bemühen des Landwirtschaftsministeriums bedeutet: Höfesterben, massiver Pestizideinsatz, Sicherung der Subventionen für die Agrarindustrie und minimalste Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz“, kritisiert Waitz. Erhalte der Agrarrat mehr Kompetenz ruiniere die Umwelt und die kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Die ÖVP-Abgeordneten Alexander Bernhuber und Simone Schmiedtbauer widersprechen indes Waitz: "Agrar- und Umweltziele stehen einander nicht im Weg. Das bestätigt der gelungene Weg Österreichs, wo wir große Erfolge beim Erhalt der Biodiversität verzeichnen konnten und dennoch die Agrarproduktion gesteigert haben."

Weitere Themen der EU-Agrarminister sind unter anderem neue Regeln für Tiertransporte und die Haltungskennzeichnung sowie verschärfte Emissionsauflagen für die Tierhaltung, Stichwort Industrieemissionsrichtlinie.

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