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EU-Klimapolitik

Klimaschutz: Geißelt Timmermans die Waldbauern?

Josef Koch
Josef Koch
am Mittwoch, 14.07.2021 - 17:02

Das Klimapaket "Fit for 55" und die Forststrategie kritisieren Waldbauern und EU-Abgeordnete scharf. Sie werfen der EU vor, Kompetenzen der Länder zu missachten.

Timmermans-Frans-EU-Kommissar

Für die Waldbauern ist das heute (14.7.) von der Europäischen Kommission vorgestellte Klimapaket „Fit for 55-Paket“ eine Bedrohung. Zu dieser Einschätzung kommt Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst.

Im Zuge der Umsetzung des EU Green Deals hat die Europäische Kommission eine Reihe von Programmen und Rechtsetzungsvorhaben eingeleitet, die einzeln und im Verbund geeignet seien, die Forstwirtschaft und die Versorgung mit dem Rohstoff Holz erheblich zu beeinträchtigen, so der Verband. Mit dem „Fit for 55-Paket“ soll die Absenkung der europäischen Emissionen um 55 Prozent bis 2030 gelingen, ab 2050 soll die Nettonull erreicht werden.

Dafür werden dem Wald CO2-Bindungsziele zugewiesen, die laut der Interessenorganisation ohne weitreichende Bewirtschaftungseinschränkungen nicht zu erreichen sind. Zuvor hatte bereits die EU-Biodiversitätsstrategie Stilllegungen im Wald für den Artenschutz vorgeschlagen.

Elverfelddt: Waldbewirtschaftung erschwert

Wir Waldbauern unterstützen das Erreichen der Klimaschutzziele. Aber die Vorgaben des Entwurfs der Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF-Verordnung) missbrauchen den Wald als CO2-Speicher für andere Sektoren. Forstwirtschaft wird mit diesen Speicherzielen wiederum erschwert“, so Elverfeldt. Damit bleibe das Potential des Waldes als Lieferant von klimafreundlichen Holzprodukten ungenutzt. „Das können wir uns im Kontext unserer Klimaschutzbemühungen jedoch weder in Europa noch in Deutschland leisten,“ warnt der Vorsitzende.

Auch mit der parallel beschlossenen EU-Waldstrategie, die offiziell am kommenden Freitag vorgestellt wird, habe die Europäische Kommission den falschen Weg eingeschlagen, so Elverfeldt. Vor allem zur Kontrolle der Zielvorgaben der neuen LULUCF-Verordnung will Brüssel ein europäisches Waldmonitoring sowie erstmals auch Bewirtschaftungspläne einführen. Dazu fehlt es an der notwendigen rechtlichen Kompetenz, denn die Forstkompetenz liegt bei den Mitgliedstaaten.

Müller: EU-Wald-Coup stoppen

Müller-Ulrike-MdEP

Scharfe Kritik kam bereits im Vorfeld schon von der EVP-Fraktion im EU-Parlament und einigen EU-Staaten. Nun legen die Liberalen nach. Nach Auffassung von Ulrike Müller (FW) überschreitet die Europäische Kommission ihre Befugnisse in der neuen EU-Forststrategie. Zudem reguliere sie den Holzmarkt zu sehr im Detail. Das zeuge von wenig Verständnis für Innovationen in der Holzverarbeitung.

"Die von der Kommission vorgeschlagenen gemeinsamen Waldbewirtschaftungspläne und die Neudefinition von nachhaltiger Waldbewirtschaftung würden in der Praxis eine gemeinsame EU-Waldpolitik bedeuten. Das ist inakzeptabel“, so die Renew Europe-Abgeordnete.  Sie fordert Rat und Parlament auf, dem Wald-Coup der Kommission ein Ende zu setzen.

Nach Ansicht der Abgeordneten erscheint die Sicht der Kommission auf den Holzmarkt problematisch, wenn die Waldstrategie sehr detailliert auf die Verwendung von Holz eingeht. So könne die Kommission "nicht im Namen des Marktes oder der Waldbesitzer über die Verwendung von Holz entscheiden“, kritisiert Müller. Es sei gut, in langlebige Holzprodukte zu investieren. Aber die Kommission scheint laut Müller ein völliges Unverständnis für Innovationen in der Bioökonomie zu haben, das heißt für alles, was bereits aus Holznebenprodukten hergestellt wird, wie Chemikalien, Textilien und Kunststoffersatzstoffe.

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