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Freihandelsabkommen

Kein Durchpeitschen des Mercosurabkommens

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Josef koch
Josef Koch
am Mittwoch, 08.02.2023 - 17:24

Manfred Weber (CSU), Chef der EVP im EU-Parlament, plädiert für ein Mercosurabkommen mit ausreichend Schutz für Landwirte. Wir haben nachgehakt.

Weshalb drängen Sie, Herr Weber, auf den Abschluss der Mercosur-Verhandlungen?

Der russische Angriff auf die Ukraine und die damit verbundenen Folgen haben die Situation für uns in Europa grundlegend verändert. Es ist offensichtlich geworden, wie stark der Wohlstand in Europa von funktionierenden In- und Exportrouten, Lieferketten oder Handelsverträgen abhängt. Um die Versorgung und wirtschaftliche Entwicklung dauerhaft zu sichern, sind tiefere wirtschaftliche Kooperationen mit den Demokratien auf dieser Welt notwendig. Südamerika ist ein wichtiger Partner für die Zukunft. Deshalb ist notwendig, die wirtschaftlichen Bande zu vertiefen. Das Mercosur-Abkommen ist dafür eine gute Möglichkeit.

Ist die EU-Kommission bereit die Verhandlungen nach dem Machtwechsel in Brasilien wieder aufzunehmen?

Beide Seiten haben erkannt, dass sie durch einen Handelsvertrag überwiegend profitieren würden. Die EU bleibt als Partner attraktiv, weil sie der größte Wirtschaftsraum der Welt ist.

Sehen Sie neue Absatzchancen für bayerische Agrarprodukte in den Mercosurstaaten?

Wie bei jedem Abkommen, gibt es Vor- und Nachteile. Die Erfahrung durch andere Freihandelsverträge ist, dass die Chancen insgesamt größer sind als die Risiken. Ich habe Verständnis für die Herausforderungen und Probleme, die für die Landwirtschaft auch bestehen. Die müssen wir gründlich diskutieren.

Wir führen allerdings häufig eine sehr negative Debatte und übersehen dabei den Nutzen. Deutschlands Landwirte und die verarbeitenden Unternehmen können stolz auf ihre Produkte und Leistungen sein. Sie gehören zu den besten weltweit. Ihre Produkte sind für den Weltmarkt attraktiv. Deshalb können sie auch von neuen oder besser erschließbaren Märkten profitieren.

Studien zeigen auch, dass ein Zollabbau für bayerische Landwirte erhebliche Nachteile mit sich bringen, So soll deutlich mehr Rindfleisch aus Südamerika nach Europa kommen, zwischen 30 und mehr als 60%. Wie wollen Sie Bayerns Bauern davor schützen?

Klar ist, wir lassen unsere Bauern nicht allein. Beim Abkommen müssen wir genau hinschauen, dass wir eine faire Vergleichbarkeit bei den Standards für die Produkte hinbekommen. Es braucht auf alle Fälle einen Schutz für die Landwirte, dass es keine Überflutung des europäischen Marktes mit südamerikanischem Rindfleisch gibt. Große Unterschiede gibt es beispielsweise in den Prozessen bei der Produktion. Um dies fairer gestalten zu können, sollten wir die Standards bei der Prozessqualität in den Blick nehmen. Die Auflagen für die Produzenten in der EU sind sehr hoch, in Südamerika deutlich niedriger. Das darf nicht zum gravierenden Nachteil für die EU-Produzenten werden.

Bis wann wird das Mercorsur-Abkommen in der Praxis greifen?

Das ist eine spekulative Frage. Sicher ist der Druck derzeit hoch, zügiger zum Ergebnis zu kommen. Aber es darf auch kein Durchpeitschen geben. Im Europäischen Parlament werden wir uns nicht drängen lassen. Ich möchte die Landwirte, Unternehmen und Verbände einladen und darum bitten, ihre Einschätzungen an uns Abgeordnete zu geben und mit uns zu diskutieren.

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