Nach Auffassung der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands läuft die Ampelregierung Gefahr, von einer Koalition des Aufbruchs zur Abbruchkolonne zu mutieren. Nach Auffassung des ISN-Geschäftsführers Torsten Staack verspiele Bundesagrarminister Cem Özdemir gerade seinen Vertrauensvorschuss als Brückenbauer.
So hatte er in seiner Regierungserklärung im Bundestag Mitte Januar erklärt, noch in diesem Jahr für eine Herkunfts- und Haltungskennzeichnung zu sorgen. Doch Mitte dieser Woche ließ seine Staatssekretärin Silvia Bender anklingen, das BMEL werde zur Herkunftskennzeichnung keinen Gesetzesvorschlag vorlegen, sondern auf den Vorschlag der EU-Kommission Ende des Jahres abwarten.
Österreich und Frankreich gehen voran
Dass eine verbindliche nationale Herkunftskennzeichnung möglich ist, beweisen unter anderem Frankreich und Österreich. Ab März müssen in Frankreich Restaurants und Kantinen die Herkunft des angebotenen Schweine-, Geflügel- und Lammfleisch angeben.
Künftig soll bei roh gekauftem Fleisch das Zuchtland und das Schlachtland angeben werden, außerdem ob es sich um frisches oder tiefgefrorenes Fleisch handelt. Laut einem Bericht der Tagesschau, will die französische Regierung damit den Verzehr von heimischen Produkten ankurbeln.
Österreich will in der Gemeinschaftsverpflegung für Milch, Fleisch und Eier einführen. Ebenso soll die Kennzeichnungspflicht auch auf die verarbeiteten Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung, Großküchen und Kantinen ausgedehnt werden. Die Gastronomie soll zu einem späteren Zeitpunkt dazu verpflichtet werden. Bis Jahresmitte soll die Kennzeichnungspflicht greifen, heißt es in Wien.
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Hängepartie Kennzeichnungspflicht
Laut Staack müssen die Tierhalter auf eine nationale Lösung weiter warten, obwohl besonders die Herkunftskennzeichnung so entscheidend ist, um die Schweinehaltung in Deutschland zu erhalten. „Das BMEL wird seinem Anspruch nach einem echten Aufbruch nicht gerecht und verfällt in alte Muster – mit ungewissem Ausgang“, so der ISN-Geschäftsführer.
Schon vor zwei Jahren brachte die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner das Thema einer europäischen Tierwohlkennzeichnung in Brüssel auf die Tagesordnung. Unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sollte die Initiative vorangebracht werden, aber seitdem ist das Thema nicht weitergekommen.
„Das wird auch Herrn Özdemir nicht entgangen sein und trotzdem will man in Deutschland auf Brüssel warten? Die neuerlichen Abstimmungsprozesse auf europäischer Ebene werden dauern – die Zeit haben wir nicht“, drängt Staack.
Klarstellung für Coronahilfen erwartet
Ein klare Aussage erwartet die ISN außerdem der Bundesregierung zu den Corona-Hilfsgeldern, um die schweinehaltenden Betriebe in der gegenwärtigen Situation zu unterstützen. In vielen Bundesländern verzögert sich Auszahlung. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat indes vor Weihnachten die Auszahlung der Hilfen mit geringfügigen Kürzungen angekündigt.