München Der Streit um den Wolf in Bayern geht weiter. Nun haben Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Thorsten Glauber reagiert und erste sogenannte nicht zumutbar schützbare Weidegebiete in Bayern verkündet. Während das die bayerische Staatsregierung als „wichtigen Meilenstein“ feiert, gibt es von mehreren Seiten teils massive Kritik. Der Bayerische Bauernverband spricht zwar von einem „ersten Aufschlag“, der vom Verband begrüßt werde, pocht aber auf schnelle Nachbesserungen. Deutliche Worte findet der Bund Naturschutz. Das Vorgehen sei „Augenwischerei“. Den Weidetierhaltern werde suggeriert, es gäbe eine Abschussgarantie für Wölfe. Doch das sei nicht der Fall.
Dass sich nun etwas bewegt, bewertet Philip Bust als einen „ersten wichtigen Schritt“. Bust ist Referent für Jagd und Wildtiermanagement beim BBV. Der Bauernverband hatte zuletzt den Druck auf die Staatsregierung ständig erhöht. Bei einer Mahnwache vor dem Umweltministerium machten Tierhalter aus Oberbayern und Schwaben auf ihre Sorgen aufmerksam. Und BBV-Umweltpräsident Stefan Köhler warnte: „Im nächsten Frühjahr wird das Spiel mit der Angst um die Weidetiere von vorne beginnen, wenn die Politik nicht handelt!“ Köhler forderte, dass alle nicht zumutbar zäunbaren Gebiete durch einen digitalen Verschnitt ausgewiesen werden müssen.
Wie das Landwirtschaftsministerium mitteilte, gibt es im bayerischen Alpenraum rund 1400 anerkannte Almen und Alpen. Die meisten Almen und Alpen und damit die darauf weidenden Tiere seien von einer Weideschutzkommission als „nicht zumutbar schützbar bewertet“ worden. In nicht schützbaren Weidegebieten werden bei Übergriffen auf Nutztiere in ausgewiesenen Wolfsgebieten Ausgleichszahlungen auch ohne vorangegangene Herdenschutzmaßnahmen geleistet. Außerdem hat die höhere Naturschutzbehörde damit eine fachliche Bewertung für ihre Prüfung von Alternativen zu einem Abschuss zur Hand, teilt das Ministerium mit.
Die Karten mit den ersten nicht zumutbar schützbaren Weidegebieten sind auf der Internetseite des LfU eingestellt. Zukünftig sollen Landwirte und Fachstellen die Gebiete auch in der Online-Anwendung iBalis abrufen können. Bei den Kriterien für „nicht zumutbar schützbare Weidegebiete“ konzentriert sich die Weideschutzkommission, die aus Vertretern des LfU und der LfL besteht, auf die Berggebiete der Landkreise des Alpenraums. Weitere Aus- und Bewertungen in den Alpenlandkreisen sollen, wie es vom bayerischen Landwirtschaftsministerium heißt, in den nächsten Wochen folgen.
Der BBV fordert noch weitere Nachbesserungen: „Wir wünschen uns eine größere Detailschärfe und die Betrachtung größerer Kulissen, in Form von größeren Naturraumkulissen, um von einzelnen Flurstücke wegzukommen“, sagt Bust dem Wochenblatt. Der Bund Naturschutz betont, dass die Staatsregierung keine Abschussgarantie aussprechen könne. In den nicht zumutbar schützbaren Weidegebieten komme laut dem Aktionsplan der Staatsregierung ein Wolfsabschuss bereits bei einer Gefährdung von Nutztieren in Betracht, ohne dass alternative Maßnahmen wie Herdenschutz angewandt werden müssen, kritisiert die Organisation. Uwe Friedel, Wolfsexperte des BN beklagt, dass den Weidetierhaltern in den „nicht schützbaren Weidegebieten“ die falsche Hoffnung gemacht werde, dass sich durch vereinfachte Wolfsabschüsse Angriffe auf Weidetiere verhindern ließen. „Hier ist Frust bei den Tierhaltern vorprogrammiert, die im falschen Glauben gelassen werden, der Schutz wäre mit dem Gewehr zu bewerkstelligen.“