Nachdem die Düngeverordnung verabschiedet ist, müssen die Lände nun beim Ausweisen von roten Gebieten bundesweit einheitlich vorgehen. Entsprechende Kriterien müssen bis Ende des Jahres stehen. Dazu erarbeiten Bund und Länder eine Verwaltungsverordnung. BBV-Präsident Walter Heidl sieht die Länder trotz der drei Monate längeren Frist unter Druck. Denn schafft es ein Bundesland nicht, die roten Gebiete in der Frist auszuweisen, gelten für das ganze Land die verschärften Düngeauflagen.
„Das ist natürlich eine Herausforderung, aber das bayerische Umweltministerium hat im Bundesratsausschuss ja der Düngeverordnung zugestimmt“, sagt Heidl im Interview mit dem Wochenblatt. Der Präsident befürchtet, dass die „Länder noch länger mit Corona-Maßnahmen“ beschäftigt sein werden. Vor allem könne ich nicht verstehen, warum das ganze Gebiet rot werden solle, wenn das Bundesland die Frist nicht einhalten könne. „Das ist Erpressung auf dem Rücken der Bauern“, so Heidl.
Skandalöse Vorgehensweise

Für ihn habe die Bundesregierung unnötig zu großen Zeitdruck für die Verabschiedung der Düngeverordnung aufgebaut. Dass dabei Berlin immer Brüssel und die drohenden Strafzahlung von bis zu 850.000 Euro pro Tag vorschob, hält der Präsident für eine „glatte Lüge“. Seiner Meinung nach habe auch Brüssel die verschärften Auflagen wie 20 Prozent Düngung unter Nährstoffbedarf oder Verbot der Sommerdüngung zu Zwischenfrüchten in den roten Gebieten nie so gefordert. „Für mich ist das Vorgehen des Bundes deshalb ein politischer Skandal“, zieht Heidl sein Fazit.
Problematisch sieht er auch das Messstellennetz in Bayern. Es seien immer noch zu wenige und der Verband weise seit Monaten darauf hin, dass etliche marode oder an fragwürdigen Standorten seien. „Mir ist wichtig, dass wir mehr Messstellen vor allem in roten Gebieten bekommen, um sie viel feingliedriger als bisher abgrenzen zu können“, verlangt der BBV-Präsident.
Klagewelle droht
Zudem müssen die Messstellen belastbar sein. „Wenn ich sehe, dass an manchen Messstellen Wasser aus dem offenen Graben geschöpft, dann geprüft wird und diese Ergebnisse dann maßgebend für ein rotes Gebiet sein sollen, kann ich das nicht hinnehmen,“ stellt Heidl klar.
Erfahrungen aus anderen Bundesländern geben Heidl recht. Erst vor kurzem zeigte zum Beispiel ein Gutachten in Niedersachsen, dass jede 2. Nitratmessstelle fehlerhaft sei. Nordrhein-Westfalen hat nach einem unabhängigen Gutachten sein Messstellennetz angepasst und die roten Gebiete verringert.
Der BBV-Präsident sieht daher auf die Bundesländer eine Klagewelle zurollen. „Wir prüfen gerade die rechtlichen Möglichkeiten und haben schon Kontakt mit besonders betroffenen Betrieben. Wir werden alle Möglichkeiten prüfen“, kündigt der Landwirt an. Bereits jetzt unterstützt der BBV eine Klage eines Landwirts gegen die Ausweisung eines roten Gebiets.
Ausnahmen für Bauern schaffen
Wie die Binnendifferenzierung und das Messstellennetz ausgestaltet sein müssen, dazu hat der bayerische Bauernpräsident klare Vorstellungen. „Wir brauchen ein einheitliches repräsentatives und transparentes Messstellennetz, das möglichst kleingliedrig ist,“ so Heidl.
Die Länder müssten deshalb Wege finden, um vorbildlich arbeitende Betriebe in roten Gebieten von den verschärften Auflagen auszunehmen. Heidl denkt da zum Beispiel an erfolgreiche Wasserkooperationen, die nachweislich die Nitratbelastung gesenkt haben. Auch einzelne Betriebe, die über Dokumentationen wie Düngebedarfsermittlung, Nährstoffvergleich und Stoffstrombilanz nachweisen, die Düngeauflagen einzuhalten, sollten von den höheren Auflagen befreit werden.
Das vollständige Interview mit BBV-Präsident Walter Heidl finden Sie der kommenden Ausgabe Nr. 14 des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts.