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Landtagswahl in Bayern

Der harte Kampf um die Stimmen der bayerischen Landwirte

Mit einer Männertasche verabschiedeten sich Kreisbäuerin Angelika Graf (r.) und stellvertretende Kreisbäuerin Monika Wagner von Ministerpräsident Markus Söder.
Philipp Seitz
Philipp Seitz
am Freitag, 10.03.2023 - 14:14

Söder, Hartmann und Aiwanger buhlen um die Gunst der Bäuerinnen und Bauern im Freistaat. Was wird wirklich umgesetzt und was nur versprochen?

München Wie werden die bayerischen Bäuerinnen und Bauern im Oktober abstimmen? Für die Parteien ist das im Wahlkampf eine entscheidende Frage. Immerhin rund 105.000 landwirtschaftliche Betriebe gibt es nach Angaben des Bayerischen Bauernverbandes in Bayern. Eine Million Menschen, und damit rund 13 Prozent aller Erwerbstätigen im Freistaat, sind in der Land- und Forstwirtschaft sowie den vor- und nachgelagerten Bereichen tätig. Die Landwirte haben somit bei der Wahl des künftigen Landtags ein deutliches Wort mitzureden.

Das wissen auch Markus Söder (CSU), Ludwig Hartmann (Grüne) und Hubert Aiwanger (FW). Sie haben sich kürzlich ein Fernduell geliefert: Söder und Aiwanger traten bei Landfrauentagen auf, Ludwig Hartmann bei einem Kreisbauerntag. Das Wochenblatt zeigt, mit welchen Themen und Versprechen die Spitzenkandidaten bei den Bäuerinnen und Bauern punkten wollen.

CSU: Markus Söder fordert eine Zeitenwende

Nichts Geringeres als eine „Zeitenwende“ für die Landwirtschaft fordert der bayerische Ministerpräsident und CSU-Spitzenkandidat Markus Söder. Er ist seit März 2018 Ministerpräsident des Freistaates und somit seit immerhin fünf Jahren im Amt. Es brauche dringend mehr Anerkennung für den ländlichen Raum, die Landwirtschaft und deren Produktionsweise. „Tradition und Moderne – in Bayern geht beides“, sagte Söder, der den Landfrauentag im niederbayerischen Geisenhausen (Lks. Landshut) besuchte.

Rückblick: Landwirtschaft und ländlicher Raum seien Herzstück der bayerischen Politik, versprach Söder schon im Jahr 2019. Hier sehen Sie, was Söder damals erklärt hatte:

Söder bedauerte die aus seiner Sicht geringe Wertschätzung für die Produkte aus der heimischen Landwirtschaft und die vielen bürokratischen Vorgaben. „Egal ob bio oder konventionell – Hauptsache regional“, betonte er. Während Deutschland die EU-Vorgaben „preußisch“ angehe, würden viele andere Länder, wie Italien, die Sache laut Söder anders anpacken.

Ein Lob hatte der Ministerpräsident im Wahlkampf natürlich auch dabei: „Die Landfrauen sind die First Ladys des ländlichen Raums und unverzichtbar für unser Land“, sagte er. Söder bedankte sich bei ihnen für Engagement im eigenen Betrieb, auf dem Land und in der Gesellschaft.

Vom Inhalt her sehr ähnliche Reden hielt der Ministerpräsident zuletzt bei weiteren Landfrauentagen. Ein Thema beim Auftritt des CSU-Chefs in Dietmannsried (Lks. Oberallgäu) war unter anderem der Wolf. Söder erneuerte seine Forderung, dass es leichter sein sollte, Wölfe im Freistaat abzuschießen.

Grüne: Ludwig Hartmann wirbt für Verlässlichkeit

Natur- und Artenschutz geht nur zusammen mit der Landwirtschaft. Das machte Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag, beim Kreisbauerntag des BBV-Kreisverband Pfaffenhofen klar.

Austausch mit der Politik: (v. l.) Stellv. Kreisobmann Siegfried Ederer, agrarheute-Chefredakteur Simon Michel-Berger, Grünen-Fraktionsvorsitzender Ludwig Hartmann und Kreisobmann Manfred König.

Er forderte einen Umbau in der Agrarpolitik mit Verlässlichkeit für die Betriebe. Die Politik sei auf die Bäuerinnen und Bauern angewiesen: Bei der Energiewende seien die Landwirte laut Hartmann eine tragende Säule.

Der Grünen-Fraktionschef sprach sich dafür aus, den Pflanzenschutz nicht komplett zu verbieten, sondern den Einsatz zu reduzieren und die Ausbringtechnik zu optimieren. „Das Ziel ist eine Halbierung des Pflanzenschutzes bis 2030.“ Neben dem 30 %-Ziel bei Ökolandwirtschaft wollen die Grünen weiterhin eine Nutztierhaltung in Bayern.

Sehen Sie im Video, was Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann vor einem Jahr zur bayerischen Agrarpolitik sagte:

Ludwig Hartmann ist seit mittlerweile zehn Jahren einer der beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bayerischen Landtag. Als Abgeordneter arbeitet er seit 2008. Zuvor war er Kommunikationsdesigner.

FW: Aiwanger setzt auf bäuerliches Denken

Die Leistungen der Landwirtschaft müssen wieder mehr wertgeschätzt werden. Das forderte der bayerische Wirtschaftsminister und FW-Parteichef Hubert Aiwanger beim Neustädter Landfrauentag im Bürgersaal.

BBV-Landesversammlung-Felßner-Aiwanger-Geschenkkorb

Es sei nach seinen Worten „ein Dilemma“, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung den Bezug zur Landwirtschaft verloren habe. „Die heutige Gesellschaft krankt und stellt altbewährte Dinge in Frage“, so der stellvertretende Ministerpräsident. Aiwanger beklagte die „Neunmalklugheit“ vieler, die von der Landwirtschaft keine Ahnung haben würden.

Überhaupt sieht Aiwanger einen „fundamentalen Angriff auf die Tierhaltung“, den es abzuwehren gelte. Der FW-Politiker verurteilte die vielen Auflagen. Deshalb würden viele Betriebe und vor allem Tierhalter aufgeben.

Überhaupt war Aiwanger der Auffassung, dass bäuerliches Denken dringend nötig wäre. „So ist nachhaltiges Wirtschaften im Wald Gesetz und Brennholz eine der sinnvollsten erneuerbaren Energiequellen.“ Zudem müsse die Biogasproduktion gefördert werden. „Die Wertschöpfungsquelle Landwirtschaft sollte sprudeln und Geldverdienen muss wieder selbstverständlich werden.“ Das kam bei der Zielgruppe an. Kreisobmann Martin Mittermeier lobte den Vortrag: „Sie haben uns aus der Seele gesprochen.“

Politik und Landwirtschaft – ein Widerspruch? Nicht für Hubert Aiwanger, wie er in einem Interview deutlich machte:

Der FW-Politiker Hubert Aiwanger war bis zu seinem Einzug in den Bayerischen Landtag selbst Landwirt. Aiwanger wuchs nach eigener Aussage auf einem Hof mit Zuchtsauen und Milchviehhaltung auf. Mittlerweile gibt es auf dem elterlichen Hof keine Tiere mehr, wie Aiwanger 2019 in einem Interview mit der Münchner "Abendzeitung" sagte.

Das Wochenblatt-Fazit zum Wahlkampf

Es sind noch etwas mehr als 200 Tage (Stand: März 2023) bis zur Landtagswahl am 8. Oktober. Doch die Parteien kämpfen um die Zielgruppe der Landwirte. Gerade diese Zeit sollten die Bäuerinnen und Bauern nutzen, um auf ihre Themen, Sorgen und Wünsche aufmerksam zu machen. Die führenden Politikerinnen und Politiker des Freistaates nehmen aktuell besonders viele Termine im landwirtschaftlichen Bereich wahr. Auch der Bayerische Bauernverband will das nutzen und den Fraktionen im Landtag einen sogenannten „Zukunftsvertrag“ vorlegen, der bestimmte Themen für die Bäuerinnen und Bauern zusichern soll.

Darum geht es den Parteien: Um die Sitze im Bayerischen Landtag. In einem Video stellt Landtagspräsidentin Ilse Aigner das Maximilianeum vor:

Über die weiteren agrarpolitischen Termine der Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker hält Sie das Wochenblatt wie gewohnt stets umfassend auf dem Laufenden.

Philipp Seitz mit Material von Helga Gebendorfer