Europa hat ein enges Zeitfenster von zehn Jahren, um gegen den Artenverlust, die Auswirkungen des Klimawandels und den übermäßigen Verbrauch natürlicher Ressourcen vorzugehen. Zu diesem Schluss kommt der letzte Woche veröffentlichte Bericht „Zustand der Umwelt“ der Europäischen Umweltagentur (EUA) und mahnt dringendes Handeln an. Das gestiegene Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Innovationen und neue EU-Initiativen wie der Europäische Green Deal gäben Anlass zur Hoffnung. Den Green Deal wird die neue Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen in der kommenden Woche auf den Weg bringen, bekräftige die Präsidentin vergangene Woche in Brüssel.
Die Kosten des Nichthandelns wären höher als die Investitionen in den Green Deal, betonte von der Leyen nach der ersten Sitzung des neuen Kommissionskollegiums. „Dies kann für die Europäische Union eine neue Wachstumsstrategie sein. Wenn uns diese Transformation gelingt, können wir Menschen und Unternehmen Vertrauen geben.“
Mehrere 100 Milliarden pro Jahr an Kosten
Der für den European Green Deal zuständige Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, erklärte vor dem Ausschuss der Regionen, dass die zu erwartenden Kosten des Wandels hin zu Klimaneutralität bis 2050 – mehrere hundert Milliarden Euro pro Jahr – erheblich seien, aber auch erheblich geringer als die Kosten des Nichthandelns. Europa müsse die Chance ergreifen, den Wandel proaktiv und sozialgerecht zu gestalten. „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, wenn wir unsere Werte, den sozialen Ausgleich und Fairness bewahren wollen, dann müssen wir: alles ändern,“ sagte er mit Blick auf Ängste vor den Herausforderungen Klimawandel und Digitalisierung. Diese würden nicht haltmachen, wenn wir die Augen vor ihnen verschließen. „Aber gemeinsam können wir unsere Antwort gestalten“, erklärte er. So könne Europa die Chancen für Wachstum und Beschäftigung ergreifen, die die transformative Agenda der nächsten Jahre und Jahrzehnte bietet.
Die Analysen des Weltklimarates IPCC und der am Mittwoch veröffentlichte Bericht zum Zustand der Umwelt enthielten viele alarmierende Fakten. Die gute Nachricht sei jedoch: es ist noch Zeit zu handeln, und der Wandel ist auch finanziell zu stemmen.
Erforderliche Wissen ist vorhanden
Europa stehe im Umweltbereich vor Herausforderungen von nie da gewesener Größenordnung und Dringlichkeit, so der EUA-Bericht „ Die Umwelt in Europa – Zustand und Ausblick 2020 (SOER 2020)“. Zwar hat die europäische Umwelt- und Klimapolitik in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, den Umweltzustand zu verbessern, doch sind die Fortschritte unzureichend. Die Aussichten für die Umwelt in den kommenden zehn Jahren seien nicht positiv.
„Unsere Bewertung zeigt, dass schrittweise Änderungen in einigen Bereichen zu Fortschritten geführt haben, aber nicht annähernd ausreichen, um unsere langfristigen Ziele zu erreichen. Wir verfügen bereits über das Wissen, die Technologien und die Instrumente, die wir brauchen, um wichtige Produktions- und Konsumsysteme wie Ernährung, Mobilität und Energie nachhaltig zu gestalten. Unser künftiges Wohlergehen und unser Wohlstand hängen entscheidend von der Umsetzung dieses Wissen ab. Außerdem muss die ganze Gesellschaft dafür gewonnen werden, solche Veränderungen herbeizuführen und eine bessere Zukunft zu gestalten“, erklärt Hans Bruyninckx, Exekutivdirektor der EUA.