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Neue Züchtungstechniken

Gentechnik: VLOG hält EU-Fragebogen für tendenziös

Josef koch
Josef Koch
am Freitag, 06.05.2022 - 08:26

Verband ohne Gentechnik wirft EU-Kommission vor, die bestehenden Regeln aufweichen zu wollen.

Gentechnik-Labor

Die öffentliche Konsultation der EU-Kommission zu den neuen Züchtungstechniken bei Pflanzen stößt beim Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) auf harte Kritik. Bis zum 22. Juli 2022 können sich Stakeholder und Einzelpersonen an der Konsultation beteiligen.

Die einleitenden Texte, Fragen und Antwortmöglichkeiten sind nach VLOG-Auffassung allerdings sehr einseitig gefärbt. Der Verband kommt zum Schluss, dass das Ziel der EU-Kommission eine weitgehende Deregulierung, also eine Aufweichung der bestehenden, bewährten Regeln für Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln ist.

„Es ist erschreckend und bezeichnend, wie einseitig die EU-Kommission die Ergebnisse offenbar steuern will. Und das in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren, das sich um größtmögliche Neutralität bemühen sollte“, so VLOG- Geschäftsführer Alexander Hissting. Er hält es für wichtig, dass sich Unternehmen und andere Stakeholder aus der „Ohne Gentechnik“-Branche, aber auch Bürgerinnen und Bürger, daran beteiligen und der Kommission deutlich machen, dass eine Aufweichung der europäischen Gentechnik-Regeln fatal wäre.

EU-Kommission sieht positive Effekte neuer Gentechnik

Laut Hissting unterstellt die Kommission im Fragebogen schlicht, gentechnisch veränderte Pflanzen könnten einen positiven Beitrag zu Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz und damit zu EU-Plänen wie „Farm to Fork“, „Green Deal“ und Biodiversitätsschutz leisten.

Sogar eine Art Kennzeichnung solcher Gentechnik-Produkte als besonders nachhaltig werde ins Spiel gebracht. Für den VLOG Geschäftsführer sind allerdings bloße Versprechen von Herstellerfirmen und einigen Forscherinnen und Forschern, für die es keine Belege gibt.

Allerdings hatte die EU dazu im Vorfeld der Konsultation vor rund einem Jahr eine EU-Studie veröffentlicht. Sie kam zum Schluss, dass das EU-Gentechnikgesetz reformbedürftig sei. Bis Mitte 2023 will die Kommission eine Novelle vorlegen.

VLOG: Kommission blendet Risiken aus

Außerdem behauptet die EU-Kommission, die derzeitige Gesetzgebung sei „problematisch für alle Beteiligten“. „Für Verbraucherinnen und Verbraucher, Umwelt, Landwirtschaft sowie die ‚Ohne Gentechnik- und Bio-Wirtschaft haben sie sich allerdings bestens bewährt,“ ist Hissting überzeugt.

Seiner Ansicht nach unterstellt der EU-Fragebogen, dass es angeblich keine spezifischen Risiken bei den neuen Gentechnik-Verfahren gibt. Dabei seien inzwischen etliche wissenschaftliche Erkenntnisse zu unerwünschten und oft unerkannten sogenannten „Off-Target-Effekten“ verfügbar, so die VLOG. Der Verband weht sich auch gegen die Behauptung, dass solche Produkte kaum nachweisbar seien, „Doch sogar Behörden haben inzwischen die baldige Einsatzfähigkeit solcher Nachweisverfahren angekündigt“, meint der VLOG-Chef.

AbL: Özdemir und Lemke sind gefordert

Auf Ablehnung stößt die Konsultation auch bei der Arbeitsgemeinschaft der bäuerlichen Landwirtschaft (AbL). Sie vermutet, dass offensichtlich die Eingaben der ersten Konsulta­tion nicht berücksichtigt worden seien, obwohl sich im Herbst 2021 die große Mehrheit der Teilnehme­r deutlich für die Beibehaltung der strikten Gentechnik-Regulierung, auch für die neuen Ver­fahren, ausgesprochen hätten.

"Wir Bäuerinnen und Bauern wollen auch weiter das erzeugen können, was ein Großteil der Verbraucher:innen will – keine Gentechnik auf ihrem Teller. Deshalb fordern wir den Bundesminister Cem Özdemir und die Bundesministerin Steffi Lemke auf, sich auf EU-Ebene für die Beibehaltung der derzeitigen Gentechnik-Regulierung einzusetzen," fordert Annemarie Volling, AbL-Gentechnik-Expertin.

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