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Tierschutz

Mit Gentechnik gegen Kükentöten

Josef koch
Josef Koch
am Dienstag, 12.04.2022 - 12:40

SPD und Grüne fordern Brüssel auf, Eier, die von gentechnisch veränderten Hühnern abstammen, als Gentechnik zu kennzeichnen. Die EU hält dies nicht für nötig.

Küken

Ein Dilemma für Verbraucher und Tierschützer. Kükentöten ist unerwüncht und in Deutschland inzwischen verboten. Doch nun hat eine Firma Legehennen mit CRISPR/Cas gezüchtet, aus deren Eier keine männliche Küken schlüpfen. Geht Gentechnik vor Tierwohl?

Die Sicht der Verbraucher scheint klar. Eier von Hühnern, die von gentechnisch veränderten Zuchthennen abstammen, sollten entsprechend gekennzeichnet werden. Das sagen 85 % der 2.500 Befragten in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Verbandes Lebensmittel Ohne Gentechnik (VLOG). 70 % würden solche Gentechnik-Eier nicht kaufen.

Hintergrund der VLOG-Umfrage sind Pläne eines Unternehmens, das Gentechnik-Zuchthennen auf den Markt bringen will. Ein Forscherteam in Israel hat Hühner per CRISPR/Cas gentechnisch so verändert, dass keine männlichen Nachkommen schlüpfen. Sie sollen durch ein vererbtes tödliches Gen schon im Ei absterben. Die weiblichen Nachkommen dagegen entwickeln sich angeblich normal und sollen als Legehennen eingesetzt werden. Eine Behörde der EU-Kommission hält einem internen Schreiben zufolge weder Zulassungsverfahren noch Gentechnik-Kennzeichnung für diese Eier und Legehennen für nötig.

Ablehnung der Verbraucher

Nach Auffassung von VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting wollen die Menschen wissen, wie ihre Lebensmittel hergestellt werden. „Sollte so ein Verfahren eines Tages nach gründlicher Risikoprüfung zugelassen werden, müsste der Gentechnik-Einsatz transparent auf den Endprodukten gekennzeichnet werden. Die große Mehrheit würde solche CRISPR-Gentechnik-Eier allerdings nicht kaufen“, ist Hissting sicher.

Er findet es besorgniserregend, wie die EU-Behörde blindlings den Beteuerungen des Herstellers folge. Das stehe im Widerspruch zum Gentechnik-Recht, zu Verbrauchererwartungen und zum gesunden Menschenverstand. Wenn Legehennen und Eier direkt von einem gentechnisch veränderten Tier abstammen, sind sie laut VLOG-Geschäftsführer selbstverständlich auch Gentechnik-Produkte.

SPD und Grüne sprechen soch für Kennzeichnung aus

Hissting erwartet, dass sich Cem Özdemir in Brüssel entschlossen gegen diese „geplante Verbrauchertäuschung der EU-Kommission“ stark macht. Bereits rund 70 Prozent der Eier in Deutschland werden laut VLOG ohne Gentechnik-Futter produziert. In Deutschland werden jedes Jahr „Ohne Gentechnik“-Eier für mehr als eine Milliarde Euro verkauft.

Die bayerische Bundestagsabgeordnete Rita Hagl-Kehl verspricht, die SPD-Bundestagsfraktion werde sich dafür einsetzen, dass die Lebensmittelwirtschaft weiterhin gentechnikfreie Lebensmittel anbieten könne und die Landwirte weiterhin gentechnikfrei erzeugen können. Auch für neue Gentechniken wie CRISPR/Cas müssen laut Hagl-Kehl Transparenz und Risikoüberprüfung verpflichtend geregelt bleiben, damit Sicherheit und Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher und für die Landwirte gewährleistet werden können.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Karl Bär aus dem bayerischen Wahlkreis Holzkirchen fordert von den europäischen Behörden jeden einzelnen Fall von Gentechnik in Lebensmitteln kritisch zu prüfen. Er hält es für falsch, Tiere mit Gentechnik an die Bedingungen in der industriellen Tierhaltung anzupassen und zu patentieren. „Wir Grüne arbeiten daran, die Tierhaltung zu umzubauen, dass sie gut für Tiere, Umwelt und Verbraucher ist“, so Bär.