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Regierungskritik aus eigenen Reihen

Generalabrechnung mit Özdemir: Backhaus wirft Versagen vor

Josef Koch
Josef Koch
am Donnerstag, 08.09.2022 - 11:37

Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Agrarminister beklagt Verzögerungen bei Agrarreform, Tierhaltungskennzeichnung und Düngeverordnung.

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Versagen des Bundes in der Agrarpolitik, kein wegweisendes Zukunftskonzept, keine Planungssicherheit für Landwirte bei der Agrarreform 2023. Das hört sich nach der üblichen Kritik aus Reihen der CSU oder Freien Wähler an Bundesagrarminister Cem Özdemir an. Und könnte beim politischen Frühschoppen beim Gillamoos oder bei den Auftritten beim Karpfhammer Fest gefallen sein.

Weit gefehlt. Sie stammt aus der SPD, die in Berlin mit am Regierungstisch sitzt. Geäußert hat die Kritik Till Backhaus, SPD-Agrarminister in Mecklenburg-Vorpommern.

Backhaus sieht Schuld des Bunds an schlechter Stimmung

Er bezeichnete die Stimmung in der Landwirtschaft als angespannt. Gründe seien der Krieg in Europa und die Auswirkungen auf die Märkte, die Häufung von Wetterextremen und unsichere EU-Auflagen. „Ich sehe hier aber auch ein klares Versagen auf Bundesebene. Ich vermisse eine klare Haltung und ein wegweisendes Zukunftskonzept für einen der wichtigsten Wirtschaftszweige, den wir haben. Ich frage mich ernsthaft: Wo bleibt die vielgpriesene Agrarwende?“ kritisiert Backhaus. Die Tierhaltungskennzeichnung, der GAP-Strategieplan, die Düngeverordnung – das seien nur ein Bruchteil der Themen, die vom Bund noch immer nicht zu einem guten Abschluss geführt wurden. Zu keiner dieser drängenden Fragen wurde laut Backhaus abseits der turnusmäßigen Ministerkonferenzen eine Runde mit den zuständigen Landesministern gedreht. „Ist das Verantwortung?“, fragt der SPD-Agrarminister.

Verständnis für Bauern-Unmut

Backhaus hat daher Verständnis für den Unmut der Landwirte, die sich mitten in der Herbstbestellung befinden. Die Aussaat von Getreide und Raps erfolgt jetzt und Landwirte wissen immer noch nicht, mit welchen Prämien und Förderprogrammen sie rechnen können. Die fehlende Planungs- und Rechtssicherheit kann nach Auffassung von Backhaus dazu führen, dass manche Betriebe ganz aus der Förderung aussteigen, da sie anhand der aktuellen Preise am Markt mehr Geld verdienen können, als mit Prämien für Stilllegung, Reduzierung von Dünger oder Pflanzenschutzmitteln oder anderer freiwilliger Maßnahmen. „Das wäre unterm Strich ein Verlust für die gesamte Gesellschaft, weil eben weniger Leistungen für die Umwelt erbracht werden,“ warnt er.

Energiepreisbremse gefordert

Beim Thema „horrende Energiekosten“ steht er auf Seiten der Bauern. Wie sie fordert der SPD-Politiker, dass heimisches Biogas nicht von der Gasumlage betroffen sein darf. „Was wir brauchen ist eine Energiepreisbremse,“ so Backhaus. Heimisches Biogas dürfe nicht verteuert werden, um importiertes Erdgas aus Russland bezahlbar zu halten. Das ist laut Backhaus nicht die Richtung, in die „wir uns entwickeln wollen: Umstieg auf Erneuerbare Energien und Unabhängigkeit von Energieimporten.“