Die EU-Agrarreform kommt auf die Zielgerade. Nach Pfingsten, am 25. und 26. Mai, finden die entscheidenden Trilogverhandlungen statt. Auch der EU-Agrarrat tagt im Anschluss, und zwar am 26. und 27. Mai, um über den möglichen Kompromiss abzustimmen. Im Trilog müssen aber noch einige wichtige Punkte aus dem Weg geräumt werden.
Im Vorfeld der Verhandlungen zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Brüssel kritisiert der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, Brüsseler Pläne, Vorgaben zu Sozialstandards in der Agrarförderung einzuführen. Das fordert vor allem das EU-Parlament. „Uns Landwirten droht hier ein bürokratisches Monster mit einer erheblichen Mehrbelastung, ohne erkennbar positive Wirkung für die in der Landwirtschaft tätigen Personen“, so der Bauernpräsident.
Angelegenheiten der sozialen Sicherung, der Tarifverträge und der Mindestlöhne fallen laut EU-Vertrag in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Der Deutsche Bauernverband lehnt daher eine Verknüpfung der EU-Direktzahlungen mit sozialen Konditionalitätsauflagen ab. Stattdessen sollte in den nationalen Strategieplänen auf die Verbesserung der sozialen Situation der in der Landwirtschaft Tätigen eingegangen werden. Allerdings ist zu hören, dass 26 EU-Länder gegen eine derartige Regelung sind.
Knackpunkt: Stilllegungshöhe
Bei den Öko-Regelungen (Eco-Schemes) machte Rukwied deutlich, dass es nicht primär auf deren Höhe ankomme, sondern auf die praxistaugliche Ausgestaltung, den finanziellen Anreiz sowie die Verhinderung von Kannibalisierungseffekten bei Umweltmaßnahmen der 2. Säule der GAP. So müsste der verpflichtende Anteil nicht bewirtschafteter Fläche auf höchstens 3 Prozent der Ackerfläche begrenzt bleiben, um zu verhindern, dass sich die Erzeugung von Lebensmitteln ins Ausland verlagert. Das EU-Parlament indes fordert 3 Prozent plus 2 Prozent, die über Zwischenfrüchte und Untersaaten zu erfüllen wären.
Für den Schattenberichterstatter der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, Martin Häusling, erhofft sich, dass das Parlament sich hier durchsetzen wird. Bereits jetzt schon zeigen laut Häusling Berechnungen, dass schon in der EU 3 Prozent der Flächen als Stilllegung gewertet werden können. Die EU-Staaten beharren auf 3 Prozent nicht-produktive Flächen.
Knackpunkt: Mindestanteil für Eco-Schemes
Offen ist auch noch, wieviel Direktzahlungen für die Öko-Regelungen zur Verfügung stehen sollen. Der Agrarrat hat zuletzt eine Steigerung der Mittelzuwendung von 22% auf 25% vorgeschlagen. Wie aus Brüssel zu hören ist, könnte das Parlament ein variables System mittragen. Allerdings verlangen die EU-Abgeordneten höhere Prozentsätze, so dass zwischen 2023 und 2027 im jährlichen Durchschnitt 30% der Zahlungen für Öko-Regelungen verwendet werden. EU-Abgeordneter Häusling vermisst in diesem Punkt die Unterstützung der Kommission. EU-Klimakommissar habe sich nach seinen ersten beiden Eröffnungsreden bei den Verhandlungen nicht mehr blicken lassen und EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski stehe mehr auf Seiten des Agrarrats, beklagt Häusling.
Strittig ist noch, ob den EU-Staaten bei der Einführung der Öko-Regelungen eine zweijährige Lernphase eingeräumt wird. Das EU-Parlament lehnt dies strikt ab, weil sonst bestimmte Staaten zu wenig Druck hätten, diese zügig einzuführen. Der Agrarrat beharrt auf dieser Übergangsphase, in der sie die Gelder, die nicht für Öko-Regelungen ausgegeben werden, wie bisher als Direktzahlungen ausgeben können.
Als wenig wahrscheinlich gilt, dass die EU-Kommission konkrete Öko-Regelungen vorgeben wird. Ein delegierter Rechtsakt, der dazu nötig wäre, würde bis Jahresende kaum stehen, bis dahin müssen die EU-Staaten aber ihre Strategiepläne einreichen. Erwartet wird, dass die EU-Kommission lediglich eine unverbindliche Liste vorlegen wird, an denen sich die EU-Länder orientieren können.
Knackpunkt: Fruchtfolge und Gewässerrandstreifen

Umstritten sind in Brüssel die Auflagen zur Fruchtfolge, die im Rahmen der Konditionalität gelten sollen. Nach einer ersten Einigung wurde der Kompromiss auf Druck Frankreichs wieder aufgeschnürt. Die Forderung des EU-Parlaments nach einer vierjährigen Fruchtfolge unter Einbeziehung einer Leguminose wurde nun auf eine Hauptfrucht und „Zweitfrüchte“ abgeändert. In der Diskussion ist zudem, ob eine verpflichtende Obergrenze von 75% für eine Hauptfrucht bestehen bleibt, so wie sie derzeit beim Greening vorgeschrieben ist. Die EU-Staaten wollen hier eine freiwillige Grenze haben, so dass jedes Land entscheidet, ob es die Obergrenze einführt. Für Häusling trägt der Vorschlag nur noch „Fruchtfolge“ als Überschrift, die Inhalte spiegelten das aber nicht mehr wieder, kritisiert der Schattenberichterstatter.
Der Bauernverband hält eine Fruchtartendiversifizierung bei gleichen Biodiversitätsleistungen für besser als einen wenig praxistauglichen starren Fruchtwechsel. Zudem besteht die Gefahr, dass bei weitreichenden Fruchtfolgevorgaben in der Konditionalität Agrarumweltmaßnahmen ausgehöhlt werden und wegen des Verbots der Doppelförderung nicht mehr angeboten werden können.
Lockerungen scheint es auch bei den Gewässerrandstreifen zu geben. Die EU wollte einen Mindestabstand von 3 m. Nun scheint der Agrarrat Oberwasser zu haben, wonach auch geringere Abstände möglich sind, wenn in einer Region besonders viele Gewässer landwirtschaftliche Flächen umgeben. An der Lockerung haben vor allem die Niederländer ein starkes Interesse.
Knackpunkt: Aktiver Landwirt
Nicht vom Tisch scheint eine für EU-Staaten verpflichtende Regelung zum Aktiven Landwirt zu sein. Damit soll vermeiden werden, dass Unternehmen wie Eisenbahngesellschaften, Golfplätze etc. Direktzahlungen erhalten.
Die EU-Staaten sollen aber bei der Umsetzung mehr Flexibilität haben. So können sie eine Negativliste aufstellen, müssen aber nicht. Derzeit ist unklar, wie Deutschland diese Regelung umsetzen wird. In er Vergangenheit hatte Deutschland eine Negativliste eingeführt, nach hohem bürokratischen Aufwand aber wieder fallen lassen.
Einigkeit herrscht offenbar, dass auch das Bereitstellen von öffentlichen Gütern als landwirtschaftliche Aktivität angesehen wird. Damit können Landwirte, die beispielsweise in Kooperation mit Umweltverbänden Landschaftspflege auf bestimmten Flächen durchführen, weiterhin Direktzahlungen erhalten.
Knackpunkt: Kappung und Umverteilung
Kappung und Degression der Direktzahlungen wird es in der EU nicht verpflichtend geben. Über eine Umverteilung der Direktzahlungen auf die ersten Hektare können sich die EU-Staaten der Kappung entziehen. Die Höhe der Umverteilung ist aber noch nicht fix. Im Gespräch sind maximal 10 % der Direktzahlungen. Deutschland plant nach den vorliegenden Gesetzesentwürfen, 12 % der Mittel umzuverteilen.