Auch wenn die meisten EU-Parlamentarier erleichtert sind über die erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), gibt es hinter den Kulissen Ärger.
Die Mehrheit der Europaabgeordneten der Verhandlungsgruppe stellten bei ihrer gestrigen Sitzung in Brüssel klar, dass es das Parlament bei der nächsten Reform nicht hinnehmen werde, dass sich der Rat bei bestimmten Themen absolut nicht verhandlungsbereit zeige und dies mit Empfehlungen der Staats- und Regierungschefs begründe. Diese hätten nämlich keine Gesetzgebungskompetenz auf EU-Ebene.
Knackpunkt Kappung
Konkret geht es um das Thema der Kappung der Direktzahlungen. Verhandlungskreisen zufolge hatte sich der Rat einer Annäherung an der Position des Parlaments komplett entgegengestellt und dies mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates begründet.
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder hatten sich im Juli 2020 in einer Empfehlung darauf geeinigt, dass die Mitgliedstaaten ab einem Betrag von 100 000 Euro pro Empfänger und Jahr die Möglichkeit erhalten sollten, unter Berücksichtigung der gesamten Arbeitskosten eine Kappung einzuführen. Auf einer Halbierung der abzugsfähigen Lohnkosten - wie es das Parlament gefordert hatte - wollten sich die Agrarminister mit Verweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates nicht einlassen.
Grüne und Teile der SPD gegen den Kompromiss

Der Berichterstatter für die Strategiepläne, Dr. Peter Jahr, erklärte indes, dass sich die Staats- und Regierungschefs über „High-Level“-Entscheidungen nicht in die Gesetzgebungskompetenzen der anderen EU-Organe einmischen dürften.
Der CDU-Politiker forderte von Parlamentspräsident David Sassoli, hier tätig zu werden. Zugleich unterstrich der Agrarpolitiker, dass man bis an die Grenze des Scheiterns verhandelt habe und trotz einiger Schmerzen mit dem Gesamtergebnis zufrieden sein könne.
Jüngst hatte auch der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling für die künftigen Verhandlungen eine Änderung des Verfahrens gefordert. Seiner Meinung müssten auch die Umweltseite bei den Trilogverhandlungen mit am Tisch sitzen, und nicht nur die Agrarseite. Nach seinen Einschätzungen sei daher der Kompromiss sehr zum Vorteil der EU-Agrarminister ausgefallen. Die Grünen werden daher dem Kompromiss nicht zustimmen.
Auch die deutsche SPD-Abgeordnete Maria Noichl empfiehlt ihren deutschen Parteikolleginnen, dem Kompromiss nicht zuzustimmen. Sie geht aber dennoch davon aus, dass es im Parlament im Herbst eine Mehrheit für das Trilogergebnis geben werde.
Umverteilung und soziale Konditionalität als Erfolg
Als Erfolg wertete Jahr die Einigung zu den Eco-Schemes und auf eine Umverteilung von 10 % der Direktbeihilfen. Auch das Ergebnis zur sozialen Dimension hätte vor wenigen Monaten so noch keiner für möglich gehalten, sagte der CDU-Europaabgeordnete. Dem konnte die SPD-Abgeordnete Noichl nur beipflichten. Sie sieht es als Erfolg der Sozialdemokraten dies in den Triloggesprächen durchgesetzt zu haben, nachdem dieser Punkt im Parlament nur eine knappe Mehrheit hinter sich hatte.
Zudem verwies Jahr er darauf, dass man jetzt auch dem neuen Umsetzungsmodell „auf die Schienen geholfen“ habe. Hier müsse man aber bei der nächsten GAP-Reform mehr daraus machen. Kein gutes Haar ließ Jahr an der EU-Kommission: Diese sei als ehrlicher Schlichter beinahe ein Totalausfall gewesen.