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Aufregung um internes Papier

Für den Klimaschutz: Irland will hunderttausende Kühe keulen

Um die selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen, überlegt die irische Regierung in einem Zeitraum von drei Jahren beinahe 200.000 Kühe zu keulen. Dabei würden Kosten von rund 600 Mio. Euro verursacht.
Chris McCullough
am Freitag, 09.06.2023 - 15:00

Die irischen Milchbauern sind aufgebracht: Die irische Regierung überlegt, 65.000 Kühe pro Jahr zu keulen um Klimaziele zu erreichen. Das würde das Land 600 Mio. Euro kosten.

Über einen Zeitraum von drei Jahren müssten laut der irischen Regierung jährlich 65.000 Kühe gekeult werden, um die selbstgesetzten Klimaziele zu erreichen. Diese Zahlen aus einem internen Papier haben die irischen Bauern in Aufruhr versetzt. Das interne Papier aus dem Agrarministerium ist im Rahmen der obligatorischen Informationsfreiheit veröffentlicht worden. Würde der Plan umgesetzt, würden er den Steuerzahlern der Republik Irland 200 Mio. Euro pro Jahr kosten.

In Irland ist die Landwirtschaft mit 37,5 Prozent der Emissionen im Jahr 2021 der größte Verursacher von Treibhausgasen. Da die Emissionen des Sektors jedes Jahr steigen, strebt die Regierung für die Landwirtschaft bis 2030 eine Emissionssenkung um 25 Prozent an. Das bedeutet, dass die Landwirtschaft ihre Emissionen bis Ende 2030 um insgesamt 5,75 Mio. t CO2-Äquivalent reduzieren soll. So kam es zu den jetzt öffentlich gewordenen Zahlen. Aus dem irischen Landwirtschaftsministerium heißt es, dass das Papier lediglich Teil eines Beratungsprozesses sei. Es sei ein Vorschlag zur Diskussion und keine endgültige politische Entscheidung. 

Milchviehhaltung hat in Irland enorme Bedeutung

Die Regierung, so der Sprecher weiter, setze sich voll und ganz für das langfristige Überleben des Sektors einschließlich der Bauernfamilien ein. Gerade die Milchviehhaltung sei ein Juwel des gesamten Agrar- und Ernährungssektors und würde das Fundament der landwirtschaftlichen Branche bilden. Der Milchsektor würde sich bereits durch ein hohes Maß an Nachhaltigkeit auszeichnen und die Regierung werde diesen Ansatz weiter stärken. Sie konzentiere sich darauf, den Landwirten freiwillige, finanziell attraktive Optionen zu bieten, zu denen zum Beispiel auch die Diversifizierung gehöre.

Einige landwirtschaftliche Verbände protestierten daraufhin scharf. So erklärte Pat McCormack vom Verband der Irischen Molkereilieferanten (Irish Creamery Milk Suppli-ers Association - ICMSA), dass eine so drastische Reduktion der Tierzahl nur auf freiwil-liger Basis erfolgen dürfe. Es müsse ein freiwilliges Programm sein, viele Landwirte hätten Kredite auf der Basis der Zahl und Leistung ihres Kuhbestands aufgenommen. Diese könnten sie nur weiter bedienen, wenn ihnen die wirtschaftliche Grundlage, also die Kühe, nicht weggenommen würden.

Entrüstung über irische Pläne auch bei deutschen Milchbauern

Auch in Deutschland rufen die Pläne der irischen Regierung unter Milchviehhaltung Entrüstung hervor. Auf Nachfrage des Wochenblattes erklärt ein Sprecher des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), "die Debatten um die Klimabelastung durch die Haltung von Milchkühen sind geprägt von oft sehr verengten Sichtfeldern." Die Klimabilanz der Milcherzeugung hänge auch und vor allem zusammen mit der Art der Fütterung. Der Aufwuchs von Grünland könne nur über die Haltung von Wiederkäuern, also auch von Kühen, sinnvoll verwertet werden. Andernfalls würde durch die Verrottung des Grünlandaufwuchses entstehendes Methan, ohne dafür ein Lebensmittel erzeugen zu können, das Klima belasten. Insofern sei die Haltung von Kühen, verbunden mit der Erzeugung von Milch und Fleisch, im Minimum klimaneutral, bei tiefergehenden Betrachtung sogar ein Gewinn für das Klima und die Nahrungsmittelversorgung.

 

Der Sprecher des BDM schränkt aber ein: "In Irland wurde die Milchanlieferung in den letzten Jahren um rund 50 Prozent auf über 9 Millionen Tonnen pro Jahr ausgeweitet, das führt auch dort zu gewissen Problemen im Nährstoffbereich mit dem deutlich erhöhten Viehbesatz." Das rechtfertige jedoch nicht den in den Medien zu vernehmenden Ansatz, rund 200.000 Kühe zu keulen. Wobei nach Rückfrage bei irischen Kollegen mutmaßlich eher von einem Abbau des Kuhbestandes durch eine Schlachtung und nachfolgende Nutzung des Fleisches im Nahrungsmittelbereiches auszugehen sei. Die Position des BDM ist klar: "Kühe zu keulen, um eventuell auch in Irland notwendige Anpassungen der Viehbestände an die dort vorhandenen Futtergrundlagen vorzunehmen, sollte es auf jeden Fall nicht geben." 

Emissionen statt zu Keulen mit Wissenschaft und Forschung senken

Und auch in Irland fordert Pat McCormack vom Molkereiverband die Regierung auf, andere Lösungen zu entwickeln. Statt die Tierzahl so stark zu reduzieren fordert McCormack, in eine Infrastruktur zu investieren, die aus wissenschaftlicher Sicht Ergebnisse liefert. “Wir wissen, dass niedrige Emissionen besser sind, deshalb sollten wir weiter in Wissenschaft und Forschung investieren. Das ist entscheidend, wenn wir mit den Reduktionszielen vorankommen wollen.” Die Landwirtschaft könne dabei eine wichtige Rolle spielen.

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